r~
Nützliches zu werden. Aber gäbe es
nicht Menschen, die unnütz SCHEINEN,
so würden nicht Menschen existiren,
die unbestreitbar nützlich sind. Alles
Gute, was um uns geschieht, wurde vor
her im Geist eines jener Menschen ge
boren, die vielleicht eine nächstliegende
Pflicht versäumten, um nachzudenken,
um in sich selbst zu leben, um zu reden.
Ausser denen, welche die Pflicht der
gegenwärtigen Stunde erfüllen, muss es
solche geben, die an die Pflicht der
nächsten Stunde denken. Es ist nicht
immer das Weiseste, sich nur mit dem
„Dringendsten“ abzugeben. Wichtiger
ist es, gleich das „Höchste“ suchen. Es
ist oft gut, das Gedächtniss dafür aus
zuschalten, dass die Menschheit inmitten
einer grossen Ungerechtigkeit lebt und
zu ihr so zu reden, als befände sie sich
am Vorabend eines grossen Glücks und
einer grossen Gewissheit. Es ist gut
zu glauben, dass ein wenig mehr Nach
denken, ein wenig mehr Muth, ein
wenig mehr Liebe, ein wenig mehr
Neugier, ein wenig mehr Eifer zu leben
uns eines Tages die Pforten zur Freude
und zur Wahrheit öffnen werde. Es
ist das nicht unwahrscheinlich. Jeden
falls ist nicht strafbar, es gehofft zu
haben. Und es ist nothwendig, sich auf
diese grosse Stunde vorzubereiten. Wir
können morgen schon im Besitz der
Formel sein, die allen die Wahrheit über
Art und Zweck des Weltalls giebt und
damit die Formel des allgemeinen
Glücks. Bis wir aber in dieser uner
schütterlichen objectiven Wahrheit leben
können, müssen wir in unserer subjec-
tiven Wahrheit leben, in der Wahrheit,
wie wir sie erkennen. Wir können sie
nicht weit und hoch genug gestalten
und wir können nie genug trachten,
unsere innere Wahrheit, das, was uns
schön und gut erscheint, mit Realität
zu erfüllen. Wir haben kein Recht,
unsere inneren Forderungen zu der in
timen Wahrheit des Weltalls in Gegen
satz zu stellen; der Theil darf sich
nicht anmassen, das Ganze beurtheilen
und verbessern zu können. Oft haben
wir aus unserer Erfahrung Träume und
Wünsche geschöpft, die von der Realität
bestätigt wurden, grosse Ideen der Liebe,
der Schönheit, der Gerechtigkeit. Wenn
aber in unserer Phantasie Wünsche und
Ideale entstehen, und wären es die tröst
lichsten, umfassendsten, welche die Probe
der Wirklichkeit, das heisst, der ano
nymen und mysteriösen Macht des
Lebens nicht aushalten, so bedeutet dies
nur, dass unsere Ideale andere sein
müssen, nicht dass sie weniger schön,
umfassend, tröstlich sein werden. Bis
diese Wirklichkeit sich offenbart, ist es
vielleicht heilsam, ein Ideal zu nähren,
das man schöner wähnt als die Wirk
lichkeit; aber hat diese sich einmal ent
hüllt, so ist es nothwendig, dass die
ideale Flamme, so wir mit unseren besten
Wünschen genährt, nur mehr diene, um
loyal die minder gebrechlichen und
minder gefälligen Schönheiten der im
posanten Masse zu beleuchten, die jene
Wünsche zerdrückt. Bis dahin ist es
nicht unerlaubt, alles zu thun, um die
Vernunft, die Gerechtigkeit, die Schön
heit der Erde, gewissermassen den In
stinkt unseres eigenen Planeten zu ver
bessern. Es geschieht im Vertrauen in
fl