Studie»
V
FLORENTINISCHER
ABENDTRAUM.
I eonzino da Bellosguardo schlenderte unthätig um
her, solange der Tag währte, und nachts schlief
— er auf der Terrasse nach seinem Garten einen
ruhigen leichten Schlaf ohne Träume. Er hatte
früher die Gelegenheit gehabt zu arbeiten, hatte
seines Vaters Wechslerberuf fortgeführt, wie dieser
es bei seinem Tode bestimmt, und hatte floren-
tinische Gulden nach Venedig und Brügge gesandt,
um anderes Gold dafür zu kaufen und es wieder
zu Gulden zu prägen; aber als er fand, dass der
Sinn nur der war, den Reichtum und die Sorgen
zu vermehren, die er schon hatte, schloss er ab.
Er liess anstatt dessen mit vielen Kosten einen
Springbrunnen auf dem Hügel einrichten, wo seine
Villa lag. Er sah ihn in Strahlen emporsteigen
und glitzern und in die Schale fallen und wieder
zu der Quelle zurückgeleitet werden, wo weisse
Ochsen mit langsamem Trabe ihn hinauf zwangen,
um abermals dasselbe Spiel zu beginnen. Er freute
sich des Regenbogenschimmers, da wo die Tropfen
sich in Dunst auflösten, und des feinen Klanges
von Wasser gegen Wasser, und konnte lange
Stunden in Gedanken davor verbringen.
Er hatte auch am Kriege gegen die Feinde
der Vaterstadt teilgenommen, um der Ehre willen,
doch als er vernahm, dass der Ehre bester Klang
dahin war, dass man sich bereits stärker dünkte,
als dieser oder jener, da ward er auch dessen
müde, setzte seine Rüstung im Würfelspiel
gegen den Hund des Kameraden, verlor und fuhr
heim. Er liess es sich nicht einmal einfallen, mit
der Narbe nach der Wunde zu prahlen, die er
auf der Wange davongetragen hatte, sondern
liess sein lockiges Haar über die Ohren hinab
hängen, um sie zu verbergen, und als dies dann
der Brauch ward auch für solche, die keine Wunde
hatten, lachte er, aber liess es gleichwohl sein
wie es war.
Um sich die Zeit zu vertreiben, verlegte er sich
dann auf die Liebe und huldigte nach der Sitte
des Tages zwei Schönheiten. In der einen, Monna
Giulia, mit der er nie gesprochen und die er kaum
je anders gesehen als aus der Entfernung, betete
er alle Vollendung des Ideals an, und den Sinn
reichtum seines eigenen Gefühls, das die feinsten
und holdesten Worte fand, um sie zu preisen, und
er trug seine Liebesflamme offen vor aller Blicke
und Bewunderung, wie eine Wachskerze bei einer
Prozession. In der andern, Monna Monetta, die
er auch kaum recht geschaut, denn es war Däm
merung, als er ihr Herz gewann, und Dunkel in
der Kammer, wo er sie traf, küsste er sein Ver
gnügen und freute sich des tiefen Zwitscherns der
Heidenlerche im Morgengrau, das ihn von ihr zwang.
©