MAK
XI. 
noch die Verpflichtung;, weise Gedanken zum 
Ausdruck zu bring;en. Namentlich kommt es uns 
zu, jegliche Einrichtung; der Welt im besten Lichte 
zu zeigen und alle Schattenseiten nach Möglichkeit 
zu erhellen." 
Der Triton lachte leise auf seinem mollig;en 
Divan und blies wirbelnde Tabakswolken in das 
stille hochgelegene Dichterzimmer. 
X. 
„Kluge Lika, merkst Du nu bald was?" 
Also der Triton — die Lika sagte: 
„O ja! ich merke, dass die ganze Reise eigent 
lich überflüssig war, denn was ich suchte, ist ja 
da. Unsre Heimath ist ja überall. Und das Glück 
kommt ja beim Schaffen. So klug, um das Alles 
zu begreifen, bin ich schon. Wo aber lerne ich 
das Schaffen?" 
„Schaf!" versetzte beim Flügelputzen ein jüngerer 
Dichter, „ordentliche Künstler lernen überhaupt 
Nichts von Andern, sie probireneinfach und können 
dann was." 
„Ach so!" flüsterte nun die Lika lächelnd, 
„da werde ich ,Erinnerungen aus meinem Leben' 
schreiben, das kann ich bereits." 
Die Dichter verneigten sich respektvoll und 
begrüssten in dem Porzellanmädchen die neue 
Kollegin, empfahlen ihr aber, zuvörderst in’s 
Riesenreich zu fahren, allwo für Dichterinnen und 
Erinnerungskunst sehr viel Platz vorhanden sei. 
Die Lika sagte nicht „Nein", und so ging's 
schnurstracks in's Riesenreich. 
Die höflichen Dichter brachten ihre beiden 
Gäste schleunigst in die Hinterzimmer und von 
dort in eine düstre Höhle, die nur von Fackeln 
erleuchtet wurde. Unten plätscherte Wasser — da 
setzte man die Beiden hinein. 
Und bald schwamm der Triton, die Porzellan 
schale wieder vor sich herschiebend, durch einen 
matterleuchteten Höhlenfluss. 
Das Wasser rauschte sehr — es rauschte immer 
stärker, immer schneller schoss es dahin. Bald 
merkte die Lika, dass sie sich in einem reissenden 
Strome befanden. 
„Wir sind in der Wasserrutschbahn!" brummte 
der Fischbeinige, hob die Porzellanschale ein bis 
chen höher — und dann ging's wie ein Pfeil hinab 
— rasend rasch — wieder hinaus in's Freie. 
Und durch den spritzenden Wasserschaum sahen 
sie — das Riesenreich. 
Uih! 
Das saust und braust und schäumt und sprüht 
feinen Wasserstaub, dass Regenbogen entstehen — 
hinunter geht's in grader Linie — zum dunkel 
blauen Meere. 
Und was sieht die Lika? 
Riesen sieht sie drüben auf den Inseln des 
Meeres. Die Riesenköpfe ragen hoch in die Wolken 
— und bauen thun die Riesen — Paläste bauen 
sie mit blitzenden Thürmen, Erkern und Säulen 
hallen — Alles funkelt und glüht und zuckt und 
sticht in lodernd brennenden Farben — denn alle 
Bausteine sind natürlich echte Edelsteine und Dia 
manten — riesige! 
Die Lika jauchzt, ihre Haare flattern, ihre 
Kleider flattern -— und das Wasser stürzt polternd, 
grosse Wogen rauschend mit dem Triton, der die 
Porzellanschale geschickt hoch über seinem Haupte 
hält, in's blaue Meer. 
„Das war eine feine Fahrt!" ruft die Lika, als 
sie unten sind. Die Purpurgebirge liegen schon 
weit hinter ihnen, denn die Wasserrutschbahn fährt 
schnell dahin — wie eine Kanonenkugel. 
„Willst Du nun," fragt der Triton, „auch die 
Riesen noch einmal fragen, wo Deine Heimath mit 
Deinem Glück ist?" 
„Das ist wohl," erwidert die Lika, „nicht grade 
nöthig, denn ich weiss ja schon, dass unsre Hei 
math und unser Glück blos dort ist, wo wir un 
gestört Künstler sein können. Hübsch wär's aber 
doch, wenn wir frügen. Wie machen wir das?” 
Likas Führer steuert der nächsten Insel zu, wo 
das ganze Ufer aus hohen Säulenhallen besteht 
— dort klingelt er an einem dicken Strick — und 
bald erscheint eine kolossale Riesentrompete in 
der Luft. 
Wieder werden die alten Fragen gestellt. 
„Wo ist unsre Heimath?" brüllt der Fidele. 
„Bauen!" tönt's aus der Trompete zurück. 
„Wo ist unser Glück?" fragt er dann. 
Und abermals kommt's aus der Trompete heraus: 
„Bauen!" 
„Siehst Du," sagt da der kluge Meermann, 
„die Riesen meinen ganz genau dasselbe wie die 
Zwerge. Jetzt weisst Du doch endlich, was Du 
wissen willst. Es war nicht leicht, Dir die Ge 
schichte klar zu machen. Deine Heimath hast Du 
also gefunden. Nun schreibe Deine Erinnerungen, 
damit Du auch glücklich wirst."
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.