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sen darunter, Näherinnen, Commis etc. Inmitten des 
Froufrous belgischer Spitzen und italienischer Seide 
und wohlanständiger Piquegilets treibt sich aber 
ein verdächtiger Geselle herum, der nichts hat und 
thut, von Schmutz und Gefährlichkeit droht, der 
Thomas Vireloque Gavamis, der erste Anarchist, 
der Prolog zu der grossen debäcle. Immer mehr 
mischen sich diese Ueberzähligen ein, die furcht 
bare Decadenz des Lebens. Dirnen, Säufer, 
Strolche mehren sich auf den Blättern dieser Künst 
ler bis Rops, ein wüster Sabbath des Elends und 
die Vorzeichen des Naturalismus, der die brache 
Kunst vom Grund aus aufriss und umackerte und 
ihr die Winterstarre benahm. 
So war es kein Wunder, dass alle Stürmer 
moderner Malerei auf diese graphischen Vorbilder 
zurückgingen, sie wie eine Erlösung anstaunten 
und an ihrer That sich weiter bildeten. Muther 
berichtet von Menzel, dass er alle möglichen Werke 
Keenes, eines famosen Zeichners englischen Lebens, 
aufkaufte, und Millet, der grosse Naturalist, ging 
in die Schule der erwähnten Gavarni und Daumier. 
In ihrer leichten und flüchtig scheinenden Auf 
fassung lag die Wahrheit, sie hatten den Mut zu 
jedem Stoff und durch das Plaudernde seines Hand 
werkes wirkte das Graphische so ungezwungen 
wie das Leben selbst. 
In Deutschland ward freilich für die blosse 
Erziehung des Auges am wenigsten gethan. In 
England bekommen die Bürgerskinder schon in 
frühester Jugend die kunstvollen Bilderbücher oder 
die Shillingsfibel des Crane in die Hand. Ich kann 
mir nun gar nicht denken, dass diese .Kinder, die 
an diese edle Einfalt der Linie gewöhnt sind, nun 
anders, als feine Beobachter der Kunst im Leben 
selbst, der Grazie des Augenblickes werden könnten. 
Das trägt reiche Zinsen zu ihrer Cultur. Solche 
weishafte Augen lernen, wie die Kunst in der 
Natur einsetzen soll und wie sie allmählich diese 
edelt zu einem einzigen und reinen Genuss, sie 
lernen das Leben, das selbst eine geheime Kunst 
ist, schliesslich kennen und schätzen ein, wie viel
	        
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