MAX KLINGER
= STUDIE =
Das Streben darnach tritt
nun auch bei Wagner deut
lich und siegreich hervor.
Er schafft nicht nur Bau-
theile, die wie Säulen, Simse,
Giebel einen gewissen Bau
gedanken ausdrücken, wo
sie auch sein mögen, son
dern auch Formen, die
ähnlich den barocken, ge
rade nur an der Stelle, wo
sie sich finden, überhaupt
Sinn haben und in jedem
Bauorganismus neu gefunden
werden müssen. Hier setzt
nach meinem Gefühle das
eigentlich Neue an. Und
dieser Zug scheint auch auf
die Schüler Wagner's die
grösste Wirkung zu üben.
Man könnte hier das
englische und belgische Mö
bel zum Vergleiche heran
ziehen, von denen das eine
die äusserste Reduktion der
älteren Formen, das andere
völlig neue Hauptlinien dar
stellt; nur vereinigt eben
Wagner die Vorzüge beider
Richtungen in sich.
In der letzten Schulaus
stellung sind es eigentlich
nur Kestranek und Kovacic,
letzterer mit einem etwas
kühlen aber grossartigen
Entwürfe zu Schloss Orian-
da, die hauptsächlich Wag-
ner's, wenn ich so sagen
kann, abklärender Richtung
folgen. Die Andern knüpfen
vor allem an die oben an
gedeuteten, viel weiter ge
henden Absichten des Meis
ters. Und so kommt es,
dass sie ihm vielfach über
den Kopf zu wachsen schei
nen, nicht im Erreichten, je
doch im Gewollten.
Ich finde es von Wagner
sehr richtig, dass er die jün
geren Kräfte sich so aus
leben lässt, wie mir über
haupt seine Lehre eine sehr
zielbewusste zu sein scheint.
Der erste Jahrgang bekommt
immer eine einfache prak
tische Aufgabe, diesmal ein
Zinshaus, für das ein be
stimmter Platz im Innern
der Stadt angenommen wur
de, wie bei ihm überhaupt
Luftschlösser in's Blaue hin
ein nicht entworfen werden.
Die Aehnlichkeit der ver
schiedenen Grundrisse er
klärt sich aus dem Schulz u-
sammenhange, ebenso der
durchgehende Hauptgedan
ke der Aufrisse. Die unteren
Geschosse sind zu einem
grossen, gemeinsamen Kör
per verbunden, vor den sich
die Schaukästen der Ge
schäfte legen. Kräftige
Lisenen laufen an den Ecken
empor und fassen so die
Fläche zusammen, während
die überschüssige Kraft sich
in der Mitte noch in einem
Aufbaue entlädt oder wie
bei Hoppe rückzuströmen
scheint. Das ist Alles echter
Wagner. Wie aber z. B.
Schönthal das Schema im
Einzelnen durchempfindet
und den Unterbau in wei
cher Linie anschwellen lässt,
das ist ein Zeichen von ei
gener Kraft. Dass Schön
thal die Formen in ihrer Ge-
sammtaufgabe erfasst, zeigen
besonders auch seine klei
neren Skizzen. Sandona
und Kämmerer wären in
dieser Beziehung wegen ih
rer Entwürfe für den Han
senpreis gleichfalls zu erwäh
nen. Hoppe wurde bereits
hervorgehoben.
Dem zweiten Jahrgang
I