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DIE WEIDE AN DEN VERLORENEN WASSERN. 
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Er hat die lebendige, lustige 
Stadt hinter sich gelassen; er 
geht zum Strande hinunter, wo 
die breiten Boote liegen; das 
Wasser vor ihm hört er in lang 
gezogenen, flachen, gleichmäs- 
sigen Tönen aufschlagen, dann 
wieder in das Dunkel zurück 
eilen und wiederkommen und 
das Geräusch erneuern. Vom jenseitigen Ufer kann 
man alles sehen, alles ge messen. 
Das Boot stösst vom Lande ab; hinten steht 
der Fährmann, der es teils rudernd, teils schiebend 
und stossend vorwärts bewegt. Er hat nur einen 
Schurz um den Leib geschlungen; sonst ist 
unbekleidet. 
Kräftig arbeiten seine sehnigen Arme; er be 
gleitet jede Anstrengung mit Grimassen und kriege 
rischen Fratzen, als ob er mit einem Gegner ringe. 
Wie ihn das Boot leicht und schwebend über 
das Wasser trägt, wird es einsam, dunkel um ihn. 
Um so heller leuchtet es wohl in seinen Sinnen. 
Er ist heiter und lustiger Dinge voll; 
Wehmut durchzieht ihn. 
Er fragt den Fährmann, ob er viel 
Tage verdient. 
Der antwortet, so viel wie er brauche, bringe 
das Geschäft schon; auch finde sich für seines 
gleichen wohl immer leicht eine kleine Verrichtung, 
die etwas abwirft. Ein Mann wie er brauche nicht 
viel. Während er das sagte, hat er das Ruder 
arbeitet 
wieder 
nachlässig ruhen lassen; nun 
emsig und kräftig weiter. 
Hyacinthenförmige, turmartige Stauden mit un 
zähligen blaurosa Blüten ragen aus dem Wasser, 
das nur in einzelnen Strichen auftaucht; sie haben 
schmale, lange, dolchartige Blätter, nur mit dem 
Kopf der Blüten sehen sie aus der Fläche. Höher 
ranken sich epheuartige Gewächse mit fünfzackigen, 
rundbreiten Blättern; rotbraune Blüten lie 
gen dazwischen verstreut. Zarte, feine, 
schwanke Stengel streben empor, tragen 
oben weisse und rosa Blüten, deren Form 
die der Rosen, deren Blütenblätter eine un 
zählige auseinanderfallende Anzahl von 
spinnwebfeinen, seidenfadenähnlichen Ge 
bilden sind. Ganz oben nickt eine leichte 
Traubendolde. 
Die kühle, wassergetränkte Luft erfrischt un 
sagbar. Das hellbraune Holz eines vorüberziehen 
den Kahnes leuchtet an der Seite; im Nu ist er 
verschwunden. Kaum konnte man sehen, wer 
darin sass. Von dem Licht der Papierlaternen, 
die zu beiden Seiten des Kahnes hängen, angezogen, 
begleiten den Fahrenden ein Zug von Fischen, die 
ihn mit hellen Augen fragen. Liebkosend fliegt sein 
Auge über ihre silbernen Farben; ein unvorsichtiger 
Ruderschlag; husch — sind sie verschwunden; 
bestürzt und stumm schiessen sie in die Tiefe. 
Wie sich der grauschwarze See vor den Blicken 
dehnt, sieht man nur noch einzelne Lichter aus 
der Stadt zwischen den Zweigen, die wie dichte 
Wolken lagern; etwas höher, oberhalb der Brücke, 
liegt eine stille Behausung, und während der Gast 
sich über den Rand des Bootes lehnt, mit dem 
Wasser spielt, fühlt er die Kleinheit und die Ewig 
keit und das Band, das beide _ 
verknüpft. Der innerste Sinn 
wird ihm klar; er steht rein 
vor seinen Augen. Da ziehen 
lautere, seltene Gedanken durch 
seinen Sinn. 
Die Nacht lag dunkel vor 
den Blicken; es zog eine stille 
Rede durch die Luft, hin und 
hergeworfen in ewiger Melodie: 
wie das rinnende Wasser, 
das aus der Hand fliesst. 
Und der Wind war bemüht, es in Worte zu 
fassen, er ging wie schlummernd ewig hin und her. 
Die dunkle Nacht sang die letzten, immer 
gleichen, weichen Töne: 
Der ewige Rhythmus lebt wieder auf. 
Ein Stein plumpst in das Wasser; er stört nicht 
die Stille der Nacht — er bestätigt die Worte der 
Nacht — sein Geräusch dringt weiter in die Nacht 
— er verliert sich nicht. 
Wir fahren immer tiefer in das Dun- 
Der Fährmann erhält seinen Lohn und 
Der Gast steigt am Rande entlang, 
das Ufer hinauf. 
JAPANISCHER 
SCHABLONENS CHNITT 
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