MAK
Altar aufgebaut, auf dem das Flügelbild mit der nackten 
Adorantin als leuchtendes Altarbild prunkte. Der zum Tauf= 
act erschienene Pfarrer hatte sich etwas scheu nach dem 
seltsamen Schmuck umgesehen, war dann aber klug genug 
gewesen, sich nicht dadurch stören zu lassen. ©©© 
© Dies war das einzige grössere Bild im Atelier, das aus= 
schliesslich der eigenen Phantasie des Künstlers entsprun= 
gen war. Was damals sonst noch auf den Staffeleien der 
Vollendung harrte, war dem Nationalmythus Kalewala 
entnommen: der rasende Kullerwo, der zum Kampf aus= 
ziehende Kullerwo, Wäinämöinens Abreise von Finland. 
Gallen stand in dieser Zeit vollständig unter dem Banne 
dieser tief geheimnisvollen und meist düsteren Poesie. Aller= 
dings hatten diese Heldengestalten schon früher seinen Sinn 
gefesselt, als er noch unter dem Einfluss des französischen 
Realismus in crasser Wiedergabe der realen Wirklichkeit 
schwelgte. © © © 
© Dann aber ging eine Wandlung mit ihm vor. Er hatte 
den Höhepunkt technischer Meisterschaft erreicht und sah 
sich nun plötzlich Auge in Auge vor der Gefahr des blen= 
denden Virtuosenthums, die in jeder vollkommenen Be= 
herrschung der technischen Mittel auf der Lauer liegt. Er 
wollte die „verruchte Geschicklichkeit” von sich streifen 
und zu jener Einfachheit zurückkehren, die nur mit der 
Seele malte. In diesem Bestreben nach Stilisierung und Ver= 
einfachung begegnete er sich mit dem Symbolismus, der 
um diese Zeit seinen Triumphzug durch die europäischen 
Secessionssäle hielt. Die Kunstkritiker versäumten natür= 
lieh nicht, ihn sofort mit den Symbolisten in einen Topf zu 
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