0 „Mit unsagbarem Genuss,” sagte er einmal, „lasse ich
mein Auge auf den tiefen, gesättigten und warmen Farben
ruhen. Da wohnt für mich das Leben selbst und die Lei
denschaft, die die Mutter aller Lebenslust ist. Ruhe und
Frieden sind für mich negative Begriffe. Hat die Flamme
Ruhe, so lange sie lebt und brennt?” ©00
I IE Tage waren kurz: am „Morgen” löschte man
auf ein paar Stunden die Lampen aus, um „Tag zu
spielen” und um sie am „Abend” wieder anzu=
zünden. „ , „
vi, Ich konnte nicht umhin, Gallen zu fragen, weshalb er
sich in diese furchtbare Einöde zurückgezogen, und wie er
es hier aushalten könne.
© „Ich musste es,” antwortete er; „ich war übersättigt
und todmüde von dem Trubel in der grossen Welthetze.
Hier ist Frieden; aber der wird mir auch, besonders in der
Dunkelheit des Winters, wenn nicht einmal die Thiere des
Waldes sich rühren, oft ganz unerträglich. Es ist noch ein
Glück, dass der Schnee weiss ist, denn der Himmel liegt
hier oft tagelang und grau über uns, nicht höher als die
Wipfel der Tannen. Manchmal schreit es in mir: «Licht.
Sonne!» Aber der graue Winter ist stärker als ich, und
wenn die Sonne nicht kommt, wandelt mich die Lust an,
es meinen Stammbrüdern nachzuthun und mich zum
Winterschlaf auf den Ofen zu legen. Meine Nachbarn und
Stammesverwandten = die sind auch stärker als ich, denn
sie klagen und murren nicht; die Sonne und die Warme,
die sie sich wünschen, erwarten sie erst jenseits des Grabes.
Ich brauche Menschengedanken und Menschenherzen, mit
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