inne; dies wirkt auf den Hörer so zerschmetternd, so auf=
rüttelnd. Der ganze Körper, der ganze Organismus fängt an
zu revoltieren, wird durcheinander gebracht. Dieses Instru=
ment, das aller Gesetze spotten möchte, will jeden Raum
vernichten, alle Mauern, die sich auftürmen, niederreißen;
es schleudert den Menschen hinaus in einen ungeheuren
Raum, seinen Raum, den es sich schafft; in einen ewig
ruhelos kreisenden Wirbel. Gegen die Orgel ist das größte
Orchester klein=menschlich und leicht verständlich; sie ist
die Urmutter all der anderen Instrumente, die nun einzeln
ihren Weg suchten; die Urmutter, noch umweht von der
Mystik uralter, vergessener, ungeklärter Empfindungsäuße=
rungen. Und trotzdem, trotz dieser sieghaften Wucht, wohnt
ihm ein entsetzliches Gefühl der Gebundenheit inne; es ist
gefesselt und gebändigt und nicht nur durch die kleine Kraft
des Menschen. Man sehnt sich nach einem endlichen, freien
Ausklang; die Töne sollen sich befreien und jubeln; die
Schwingen sollen sich endlich entfalten. Aber wieder braust
es und braust: ein friedloses, ruheloses Tönen. Und Ruhe
nur, wenn das Ende kommt, wenn alles prasselnd zusam=
menstürzt wie ein alter, sagenumwobener Palast, wo der
Lärm der stürzenden Mauern, die alles begraben, noch lange
tönt. ©0©
© Und doch hat die Orgel wieder Töne von einer Zartheit
und Reinheit und Lichtheit des Klanges, die entzücken, die
rühren. Die immense Wucht der tönenden Luftsäulen hat
den Hörer überwältigt. Unwiderstehlich ziehen ihn diese
Töne nun wieder zu sich heran; eine solche Weichheit,
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