daran zu legen. Ich ließ also diese Hintergründe durch einen meiner
Freunde, einen Landschaftsmaler, ausführen. Dieser gestaltete sie natür
lich in seiner Manier, und so kam es, daß sie weder mit den Figuren, noch
überhaupt mit dem Geiste des Originales in künstlerischem Einklänge
standen = ein Mißstand, der natürlich höchst störend vortreten mußte.
Ich erkannte dieß selbst, und durch diese Erkenntniß angeregt, ging ich
daran, Studien nach der Natur zu machen, welche, da ich in diesem Fache
durch Kopiren noch nicht irre geleitet und verdorben war, sehr gut ge
langen. Jetzt war der Moment erschienen, in welchem der erste Strahl
jenes Lichtes vor mir aufdämmerte, in dessen Glanz ich = leider erst so
spät = die Wahrheit erkennen lernen sollte. Durch einen solchen Zufall
mußte ich die Bahn der Erkenntniß betreten. In Folge der eben erwähnten
Arbeiten und des so überraschenden Gelingens derselben ward ich zuerst
und zufällig auf die Nothwendigkeit und den Nutzen der Naturstudien auf
merksam gemacht. = Naturstudien! = Ein Begriff, welcher mir bis dahin
völlig fremd geblieben war! Bald erfolgte eine zweite Anregung dieser Art,
und zwar eine entscheidende. Herr Hauptmann v. Stierle-Holzmeister be
auftragte mich, das Portrait seiner Mutter zu malen. Aber = so sprach er
zu mir = malen Sie mir sie genau, so wie sie ist! Diesem Aufträge gemäß
versuchte ich es nun, bei diesem Portraite die Natur mit der größten Treue
wieder zu geben = und es gelang! Jetzt war auch mitEinemmale die Binde
von meinem Auge gefallen. Der einzig rechte Weg, der ewige, unerschöpf
liche Born aller Kunst: Anschauung, Auffassung und Verständnis der Natur
hatte sich mir aufgethan; was so lange als Ahnung in meiner Seele erklang,
war zum Bewußtseyn erwacht, und obschon ich gerade nach dieser Er
kenntniß mir um so weniger verhehlen konnte, wie weit ich bisher vom
rechten Wege abgeirrt war, so stand mein Vorsatz doch fest, ihn von nun
an nie mehr zu verlassen und mit aller mir zu Gebote stehenden Kraft zu
streben, das Versäumte nachzuholen. Ich hatte eine doppelte Aufgabe zu
lösen, eine positive und eine negative; die eine war, Neues zu erlernen, die
andere, Erlerntes zu vergessen. Bekanntlich ist das Letztere weit schwie
riger als das Erste, und doch war es unerläßliche Bedingung, mich von der
Imitation und Manier loszusagen, in welchen ich früher das Wesen der
Kunst begründet glaubte. Im vorgerückten Mannesalter geschieht das Los-
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