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uns Überkommenen. Das ist das erste Mißverständnis zwischen dem 
Grafen Lanckoronski und der Kunst. © © © 
0 Meine Antwort auf sein zweites Argument ergibt sich aus dieser Dar 
legung von selbst. Er sagt, der linke Flügel neuester Malerei entferne sich 
so riesenweit von der Malerei früherer Zeiten, daß er neben ihr nicht Platz 
finden dürfe. Ich staune, daß Graf Lanckoronski, der doch Gelegenheit 
hat, die Kunstentwicklung zu verfolgen, nicht spürt, wie sehr sich auch 
die neue Kunst von dem Schönen früherer Epochen anregen ließ; sie 
bildete sich anfangs an diesen Epochen so wie einst die Renaissance am 
Altertume und schuf endlich so Neues, daß es dem oberflächlichen Be 
urteiler ganz traditionslos entstanden zu sein scheint. © © 0 
© Organisch verbunden mit diesen beiden Einwänden ist beim Grafen 
Lanckoronski der Wunsch nach einer modernen religiösen Kunst. Er 
denkt, daß diese so entstehen wird wie einst bei Flandrin, Führich, 
Cornelius und Overbeck durch den Einklang der Tradition alter germani 
scher und italienischer Meister mit den Empfindungen ihrer eigenen Zeit. 
Womit hatten denn diese alten Meister ihre Empfindungen in Einklang zu 
bringen? = Sie hatten eine große Kunst, denn es zwang sie niemand zum 
Kompromiß mit etwas früherem. © © © 
0 Als Rezept zeigt Graf Lanckoronski selbst jene Tradition, welche die 
Gemälde in den gewöhnlichen russischen Kirchen besitzen. Ich füge nur 
hinzu, daß die ungezählten Massen von Klecksereien, welche das XIX. Jahr 
hundert in solcher Fülle hervorbrachte, daß sie endlich selbst den Priestern 
zu einer Plage wurden = dennoch jene schätzenswerte Tradition nach 
ihrer Art pflegten. ' ©0© 
0 Auch unter ihnen hat bereits eine Bewegung gegen diese „bondieu- 
serie” platzgegriffen, welche die Place St. Sulpice und die Offizinen von 
Düsseldorf und München hervorgebracht hatten. Ich erlaube mir hier nur 
die Worte des P. Berthier anzuführen, der allerdings Universitätsprofessor, 
aber dabei auch Ordensgeistlicher ist. Da er ein großes Werk über Dante 
herausgab, studierte er die Kunst einer unleugbar sehr katholischen Epoche 
= doch nahm er gleichzeitig keinen Anstand, folgende Sätze auszusprechen: 
© „II a raison de precher l’art vivant. Nous aussi nous aimons l’antique; 
nous aussi nous condamnons comme un sacrilege tout ce qui atteint, 
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