mäßigen Thätigkeit nachsetzen? Als wenn das Malen von Bildern eine
solche Nothwendigkeit gewesen wäre! Diese Männer malten, wenn man
Bilder forderte, bauten, wenn man Paläste, Kirchen oder Festungen
brauchte, trieben Musik, Mathematik, secirten Leichname, lasen, dichteten
und lebten im großen Leben. Erst später, als die Künstler der Mode und
dem Geschmack der Höfe zu dienen anfingen und auf Titel und Pensionen
auswaren, fing man an, eine so niedrige Ansicht von der Kunst zu hegen,
daß man sie für eine Fertigkeit hielt, deren Geheimnisse sich aufstöbern
und weitergeben ließen. Die besten Künstler suchten auch da immer noch
ihre Unabhängigkeit zu wahren. Gerade der Kunst- und Litteratur-
beschützer Ludwig der Vierzehnte ließ den großen Dichter Corneille und
den großen Maler Lesueur verkommen, während ihre geringer begabten
Nebenbuhler glänzend bedacht wurden. ©0©
© Sagt man das jungen Leuten, trägt man ihnen eindringlich vor, wie
von Anfang an die Kunst ihre selbstgewählten, wunderbaren Wege ging,
so wird ihnen ihre eigene Stellung klarer werden und die Zurückhaltung
der Staatsgewalt als ein Act der höchsten Gewissenhaftigkeit erscheinen.
© Natürlich müssen die, welche diese Lehren vortragen, ausgezeichnete
Männer sein, deren Worte Eindruck machen, die nicht Tag für Tag lange
Stunden ihre Vorlesungen halten, sondern nur einigemal in der Woche,
frühmorgens vor den praktischen Arbeiten oder Abends, wenn sie vollendet
sind; keine Vorträge zum Nachschreiben, sondern zum Nachdenken. Es
soll ja nicht später ein Examen angestellt werden über diese Dinge, der
Zuhörer soll nur von ihnen ergriffen sein, und das, was er hört, als neu,
wichtig und nothwendig kennen lernen. Diese Vorträge, gerade weil sie
für ein nicht gelehrtes, jugendliches Publicum sind, müssen einen ener
gischen Charakter haben, und von den Männern, die berufen werden, um
sie zu halten, hängt viel ab. Es müssen thatsächliche Nachrichten über den
Bildungsgang früherer Künstler, über die Entstehung, die Schicksale, den
momentanen Aufenthaltsort und den Zustand ihrer Werke gegeben, es
muß gesagt werden, mit welchen Entbehrungen, allgemeinen Irrthümern,
eigenen Täuschungen und Quälereien aller Art gerade die größten Männer
zu kämpfen hatten. Wie langsam sie sich emporarbeiteten, wie ihr uner
müdlicher Fleiß das Einzige war, was sie tröstete, bestärkte und vorwärts-
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