aber man sieht sie nicht ganz; doch muß man an den Grund denken, an
ihr Aussehen, an die Öffnung (Bogenstellung?), an die Wand, an das Dach;
deswegen muß man um sie rings herum gehen können; doch andererseits
könnte irgend ein Elender ihr mit einer Stange eins versetzen. Mir scheint,
sie wäre gut im Hofe des Palastes, wo es Messer Francesco der Herold
sagte, und wird dem Autor ein großer Trost sein, weil es ein Ort wäre,
würdig solcher Statue.” ©0©
© Giovanni Carnuole: „Ich war geneigt sie hinzusetzen, wo der Löwe
ist, hatte aber nicht gedacht, daß der Marmor zart ist und von Regen und
Kälte verdorben würde: deswegen urteile ich, daß sie in der Loggia gut
stünde, wo Giuliano da San Gallo gesagt hat.” ©©©
© Guasparre di Simone: „Ich hatte gemeint, sie auf die Piazza di San
Giovanni zu setzen; aber mir scheint die Loggia ein passenderer Ort, da
sie empfindlich ist.” ©0©
© Pietro di Cosimo, Maler: „Ich bestätige den Ausspruch des Giuliano
da San Gallo und überdies, daß jener zustimme, der die Figur gemacht hat,
weil er besser weiß, wie sie zu stehen hat.” ©0©
© Diesem fügt der protokollführende Schreiber italienisch bei: „Die
übrigen oben Genannten und Geladenen werd en mit ihren Aussprüchen der
größeren Kürze wegen nicht aufgeschrieben. Aber ihre Rede war, daß sie
sich auf die Aussage von jenen oben bezögen, und der eine auf den einen
und der andere auf den anderen der obigen Aussprüche, ohne Abweichung.”
© So endete, ohne rechte Entscheidung, die denkwürdige Beratung, die
schon durch die erlauchten Namen der Teilnehmer uns ehrfürchtige
Schauer abringt. Und trotz der Verdunkelung, die der Sinn der meisten
Aussagen durch das Ungeschick des Protokollführers erfahren, glaubt man
allerlei Charakteristisches darin noch herauszufühlen. So frappiert einen
der trockene Ton im Gutachten Leonardo da Vincis. Man kann sich als
möglich denken, daß ihm, dem subtilsten Künstler, den die Erde je trug,
der effektvolle Akt seines jung aufstrebenden Nebenbuhlers nicht gefallen
hat, zum mindesten weist er der Statue keinen sehr „ehrenvollen” Platz,
den rückwärts an der Wand der Loggia an, wo sie sicher nicht sehr zur
Geltung gekommen wäre. Vasari schreibt diese etwas unfreundliche Be
handlung der Angelegenheit von Seiten Leonardos dem Ärger zu, den