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BAU- UND WOHNUNGSKUNST 
HEFT 7/8 
liehen Erfahrungen als 
wirklich objektiven Er^ 
wägungen entspringen. 
Denn es ist nicht recht 
einzusehen, warum ge^ 
rade Architekten nicht 
die „Fähigkeit sich um 
terzuordnen und sich 
anzupassen“ imbesom 
deren Grade eigentürm 
lieh sein sollte. „Eine 
gewisse Überhebung ist 
leider gerade den Ar' 
chitekten eigen gewe^ 
sen“, sagt derVerfaS' 
ser zur Begründung 
seines Urteils. Nun, da 
er in der Vergangen' 
heit spricht, scheint 
er ja selbst der Mei' 
nung zu sein, daß der 
Architekt in Zukunft 
diese üble Eigenschaft 
ablegen wird, und dazu 
ist die Sachlage heute 
in der Tat angetan. 
Denn: „Es ist ein 
schwerer Weg, der den 
deutschen Architekten 
bei der Suche nach 
einem weiteren Fort' 
kommen bevorsteht, 
er ist als solcher ihnen 
aber auch allen schon 
bekannt. So mancher 
Weg wird zu einem 
anderen Ziele, als dem 
hier angedeuteten, füh' 
Architekt Z. V. Professor Ernst Lichtblau: 
Schrank im Hause Dr. Hofmann, Wien XIIL 
ren, es handelte sich 
aber bei dieser Auf' 
Zahlung von Möglich' 
keiten um die, welche 
dem Berufe eines Ar' 
chitekten am nächsten 
liegen dürften, so daß 
er NICHT VÖLLIG 
AUF DAS ERLERN' 
TE UND LIEBGE' 
WONNENE ZU 
VERZICHTEN 
BRAUCHT, wenn es 
ihm glücken sollte, auf 
diese Weisen sein 
Fortkommen zu flm 
den. Hoffen wir, daß 
der Verfasser recht be' 
hält; wünschen wir 
aber zugleich, daß eine 
nicht allzuferne Zm 
kunft es den Arclm 
tekten denn doch lie' 
ber ersparen möge, 
sich allzusehr der emp' 
fohlenen bloßen Er' 
Satzbeschäftigung him 
zugeben, denn derVer' 
zieht auf große bam 
liehe Aufgaben kann 
dem Architekten dam 
ernd nicht zugemutet 
werden, ohne daß wir 
seine Kunst AUS DER 
REIHE DER IDE' 
ALEN MENSCH' 
‘HEITSGÜTER strei' 
chen. —h. 
XUN^T u.KUN2T£&W6'Rßc 
DIE AUSSTELLUNG DER VIERTAUSEND ZURÜCK- 
GEWIESENEN. Berlin beherbergt jetzt eine gar seltsame 
Ausstellung, nämlich die von viertausend Entwürfen zu 
einer neuen Briefmarke, wovon nicht ein einziger die Billi 
gung des Preisrichterkollegiums zu finden imstande war, 
trotz Prämiierung und Preiszuerkennung. Man schreibt dar 
über aus Berlin: 
Die Postverwaltung hat sich redliche Mühe gegeben, alles 
zu tun, was man überhaupt tun kann, wenn man sich von 
der Idee eines Wettbewerbsverfahrens Erfolg verspricht. Sie 
hat ein vielköpfiges Preisrichterkollegium eingesetzt, das in 
künstlerischer Hinsicht vielleicht zu vielartig und vielköpfig 
war. Sie hat einen allgemeinen Wettbewerb ausgeschrieben, 
an dem jeder sich beteiligen konnte, und zugleich noch einen 
engeren Wettbewerb veranlaßt, zu dem eine Reihe Künstler 
aufgefordert waren. Wie weit diese Aufforderungen glücklich 
gewesen sind, muß dahingestellt bleiben; fast alle in diesem 
Wettbewerb preisgekrönten Arbeiten sind ebensolche Versager 
wie die Ergebnisse des allgemeinen Ausschreibens. 
Wenn man davon ausgeht, daß ein Briefmarken-Entwurf 
technisch und künstlerisch einwandfrei, leicht verständlich 
und so spontan überzeugend sein müßte, daß er ohne weiteres 
auf allgemeine Sympathien rechnen könnte, so ist weder 
unter den preisgekrönten noch unter den abgelehnten Arbeiten 
ein Entwurf aufgetaucht, der ernsthaft für die Ausführung 
in Betracht kommen könnte. Ein erschreckendes Ergebnis. 
Über 4000 Entwürfe und darunter keine auch nur denkbare 
Marke! Wenn der Wettbewerb ein Ergebnis erbracht hat, 
so nur die Erkenntnis, daß unsere Künstlerschaft dieser für 
sie so ungewohnten Aufgabe noch nicht gewachsen zu sein 
scheint, und daß eine so schwierige Sonderaufgabe, wie es 
die Schaffung einer Briefmarke ist, auf dem Wege des Wett 
bewerbs nicht zu lösen sein dürfte. 
Unter dem alten Regime hatten die Künstler niemals 
Gelegenheit, sich mit der Schaffung einer Briefmarke oder 
mit der Bewältigung sonst einer repräsentativen Aufgabe zu 
befassen. Diese lange Entwöhnung der deutschen Künstler 
schaft von derlei repräsentativen Aufgaben zeigt jetzt ihre 
bedauerlichen Folgen. Unsere Künstler sind in der Lage, eine 
annehmbare Buchausstattung oder einen brauchbaren Ent 
wurf für Industrie und Handelsreklame zu schaffen, aber 
bei der Einseitigkeit unserer jetzigen Kunstgewerbeschul- 
Erziehung, die auf schnell verwertbare Resultate hinarbeitet, 
statt einer gründlichen allseitigen gewerblichen Erziehung 
zuzustreben, konnte sich nicht einmal ein glücklicher Zufalls 
treffer ergeben. Es ist leider so. Dieser Schulbetrieb hat seit 
Jahren Spezialisten für Tabakspackungen herangezogen; aber 
da man keine Spezialisten für Briefmarken-Entwürfe heran- 
gezüchtet hat, stehen wir jetzt hilflos da. 
Da keine Kräfte da sind, unter denen man die Auswahl 
hätte, da keine Möglichkeit besteht, unter einer Reihe von 
brauchbaren Handwerkern den Besten herauszusuchen, er 
scheint das angeblich so demokratische Wettbewerbsverfahren 
für diesen Sonderfall unangebracht. Die vorbildlichen alten 
deutschen, südamerikanischen, persischen oder australischen 
Marken, die das Buch von Pazaurek verzeichnet, sind nicht 
auf dem Wege des Wettbewerbs entstanden. Es wird wohl 
auch bei uns nicht anders gehen, als daß der Auftraggeber, 
in diesem Fall der Reichskunstwart, gemeinsam mit dem 
Vertreter des Reichspostministeriums und der Reichsdruckerei 
sich mit ein paar Künstlern zusammentut und in eingehender 
Zusammenarbeit so lange experimentiert, bis ein Entwurf 
zustande gekommen ist, der den repräsentativen Ansprüchen 
des Reiches genügt.
	        
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