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Full text: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Ungarn, Band 1

persönlich, doch schon hatte es den Anschein, als ob auch dieser Sturm mißlingen sollte, 
als plötzlich in der Nähe des Wiener Thores ein Raaber Hajduckenfähndrich sich auf die 
Mauer Hinausrang und seine Fahne aufpflanzte. Die Brandenburger drangen in seinen 
Fußstapfen vor und die äußere Mauer gerieth in die Gewalt der Christen. Die zweite 
Mauer jedoch, welche hinter einem sechs Klafter tiefen und mehr als zehn Klafter breiten 
Graben der Rückseite der heutigen Ferdinandskaserne, der Staatsdruckerei und der rück 
wärtigen Häusermanern der Ferdinandsgasse entlang sich hinzog, konnte selbst durch einen 
zweiten Sturm (am 3. August) von den Belagerern nicht genommen werden. Der Groß 
vezier Suleyman eilte mit 60.000 Mann zum Entsatz der Festung herbei (am 8. August). 
Es war zu befürchten, daß die Truppen Karls von Lothringen, zwischen zwei Feuer 
gerathend, gezwungen sein könnten, die Belagerung anfzuheben. Doch Herzog Karl verzagte 
nicht. Er wandte sich mit einem großen Theil seiner Truppen nach auswärts, gegen den 
Großvezier, der nicht im Stande war, den festen Gürtel zu durchbrechen, den das belagernde 
Heer vom Fuße des Blocksberges über die Ofener Berge hinweg bis nach Altofen bildete. 
Inzwischen wurde die Belagerung der Festung ununterbrochen fortgesetzt; Flinten, Kanonen, 
Minen, Schwerter arbeiteten einen Monat lang unaufhörlich, namentlich auf der Nordseite, 
wo die Gegner kaum ein paar Klafter weit von einander standen. Am 2. September, 
gerade 145 Jahre nach dem Siegeseinzug Suleymans in Ofen, fand ein neuer Sturm, 
der letzte statt. Vom Süden griffen die Baiern, vom Norden die Brandenburger und 
Kaiserlichen, darunter viele von den Pferden abgesessene Husaren und Hajducken, die 
zusammengeschossene zweite Mauer an. Um fünf Uhr Nachmittags begann der Sturm. 
David Petnehazy soll der Erste gewesen sein, der in die Festung eindrang. Abdurrahman 
fiel nicht weit von der Bresche, auf dem kleinen Platze der heutigen Universitätsdruckerei, 
und die Sonne war noch nicht untergegangen, als die brennende, von Blut rauchende 
Burg und Stadt in der Gewalt der Christen war. 
Nach Ofen gelangte Szegedin (am 20. October 1686), bald darauf Fünfkirchen 
(am 22. October 1686) unter die Botmäßigkeit der ungarischen Krone zurück, und am 
12. August 1687 rächte Karl von Lothringen in der Gegend von Mohäcs, 161 Jahre nach 
jener Katastrophe, durch einen blutigen Sieg die ehemalige Niederlage Ludwigs II. Nach 
diesen Schlägen verließen die Türken Essegg, dessen Brücken sie 1664 von Neuem aufgebaut 
hatten, Vukovär, Neusatz, Peterwardein, Karlowitz, Pozsega, und beinahe das ganze 
Zwischengebiet der Drau und Save bis Belgrad — das heutige Slavonien — wurde frei. 
Nach so vielen Erfolgen beschloß die Nation auf dem Preßburger Reichstage (vom 
18. October 1687 bis 25. Jänner 1688), daß sie fortan als erblichen König stets den 
Erstgeborenen jenes Hauses anerkennen werde, „welches Gran, Neuhäusel, Ofen zurück 
eroberte und die Türkenmacht in weite Ferne aus dem Herzen des Landes vertrieb". Die
	        
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