MAK

Volltext: Monatszeitschrift I (1898 / Heft 11 und 12)

(Erzherzog Ferdinand Karl), deren biedere Unbeholfenheit und vorstadttheater- 
massige Romantik heute in ganz köstlicher Überlebtheit, weil naiver Zeitechtheit, 
erscheinen. Wie eine Insel der Blinden erscheint dagegen in all dem farbigen 
Rundherum die Cartonzeichnerei der folgenden Periode. Und dennoch sickert 
unter diesem grauen Geröll mancher lebendige Wasserfaden, nach dem man 
aber mit Liebe schürfen muss. Die Zeichnungen Führich's wird auch die Zukunft 
mit Vergnügen sehen; sind doch z. B. die Wendeliniana des hohen Siebzigers, 
die er in seiner Begeisterung über Schwind's „Melusine" (gleichfalls ausgestellt) 
ganz auswendig aus dem Ärmel schüttelte, ein Naturwunder. Am schlechtesten 
bestehen noch die grossen historischen „Maschinen" der Engerth, Ruben, 
Wurzinger, wobei immerhin bei dem letzteren der Drang, aus der Enge heraus- 
zukornmen, und der Griff nach der Farbe anzuerkennen ist. Die Grossmaler der 
ersten Stadterweiterungszeit haben auch etwas Organisches, der Geist Rahls ist 
breit in der Wiener Luft liegen geblieben, wie eine Wolke, zum Durchbrechen 
durch spätere Lichtblicke. Schade, dass so gar Niemand da war, um auf seine 
starken Schultern zu steigen; er hatte so viel Schule und so wenig Nachwuchs. 
Die farbige Zeit, die an ihm vorbei und über ihn weg hereinbrach, ist in der Aus- 
stellung durch ihre Hauptmeister vertreten. Wir brauchen nur ein paar Namen 
zu nennen, um die I-leldenzeit der Wiener Farbe wachzurufen: Makart, Canon, 
Matejko, Czermak, Huber, Schönn. Ihr Gesammtbild ist und bleibt imposant. Die 
Farbe um der Farbe willen hat diesseits des Rheins nirgends so grosse Triumphe 
erlebt. Das Wort „Makartzeiw bleibt eine unverrückbare Quader in der Kunst- 
geschichte. Ihr „Farbenrausch" ist sogar ein wienerischer Begriff geblieben; Paris 
hat den seinigen schon in der Delacroixzeit erlebt, aber seither (trotz Henri 
Regnault) gründlich ausgeschlafen. Woran diese grosse Epoche leidet, das ist der 
Weg, den sie gegangen ist. Durch die Kunstsammlungen, statt durch die Natur. 
Das liegt wiederum in den allgemeinen Zusammenhängen. Auch das Kunstgewerbe 
bildete damals in der Hauptsache eine Renaissance der Renaissance. Es war 
kostümirt, wie alles andere. Die Kunst hat dies längst überwunden, das Kunst- 
gewerbe wird es wohl demnächst überwunden haben. Die ortswüchsige wiene- 
rische Natur-frische gieng an dieser hochpathetischen Farbenwelt, an diesem 
ganzen decorativen Prachtsystem vorbei. Sie musste einen grossen Umweg 
machen, um von Waldmüller zu Pettenkofen zu gelangen. Verschiedene Bilder 
Waldmüllers sind direct Vorläufer der zweiten Manier Pettenkofens, der Dar- 
stellung von dynamischer Sonnenwärrne mit den entsprechenden lichtgetränkten 
Schattenmassen. Braucht man an diese Innenräume beider zu erinnern? Jener 
Umweg ging bekanntlich über Ungarn und Egypten. Die Theiss und der Nil mit 
ihrer weichen Tieflandluft und ihren goldig emaillirten Himmeln wurden fürPetten- 
kofen und Leopold Müller unversiegliche Licht- und Wärmequellen. Das war die 
nicht kostümixte Natur, deren Siegesgang namentlich in den drei Pettenkofen- 
zimmern stattfindet. Alle fünf Manieren Pettenkofens hängen da wieder neben 
einander, von jenem unglaublich feinen „russischen Bivouak an der Theiss" an- 
gefangen, das ein Juwel seines ersten grauen Kolorismus bleibt. In den Aus- 
stellungen seines Nachlasses und der Sammlung Lobmeyr war der Überblick 
noch reichhaltiger, aber man wird auch für den jetzigen dankbar sein dürfen. 
Unter den Specialitäten dieses Zeitraumes fallen einige Aquarellblätter von Anton 
Romako auf; sie zeigen auch ihn als einen starken Secessionisten, der leider theils 
an sich selber, theils an Anderen zugrunde ging. Auch für ihn ist diese kleine
	        
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