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Volltext: Monatszeitschrift III (1900 / Heft 2)

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DEUTSCHE TAPETEN so von A. BRÜNING- 
BERLIN s:- 
„k IE meisten Stücke unseres Hausrathes, die Möbel, 
der Teppich, das Ess- und Trinkgeräth u. s. w. 
können auf eine lange Ahnenreihe und stolze 
Vergangenheit zurückblicken, die Papiertapete 
hat nichts von alledem aufzuweisen. Aus 
kleinen Anfängen im XVII. und XVIII. Jahr- 
hundert ist sie erst im neunzehnten seit 
der Erfindung der Papiermaschine, vermittels 
welcher das Papier in beliebiger Länge her- 
gestellt werden kann, und seit der Einführung 
des Walzendruckes zu der Bedeutung heran- 
gewachsen, welche sie heutzutage als hauptsächlicher Schmuck der Wand 
besitzt. Erst nach 1820 beginnt sie aus den „garderobes et lieux encore plus 
secrets", wo sie bis dahin ein kümmerliches Dasein gefristet, sich allmählich 
auch über die Wohnräume der grossen Pariser Hotels auszubreiten und die 
kostbaren Stofibekleidungen, Wandmalereien oder Holzvertäfelungen 
abzulösen. 
Deutschland war damals auf dem Gebiete der Textilkunst völlig 
abhängig von Frankreich. Es ist natürlich, dass auf dem nahe ver- 
wandten Gebiete der Tapetenindustrie die französischen Musterzeichner 
ebenfalls die Führung hatten. Aus dem XVIII. Jahrhundert hatte 
sich im französischen Flächenmuster eine die classicistischen Formen 
überlebende Blumenornamentik erhalten. Mit dem allmählichen Verklingen 
der alten Traditionen artete jedoch diese in einen zügellosen Natu- 
ralismus aus, der in der plastischen Wiedergabe der wirklichen Erscheinung 
der Naturforrnen mit allen ihren Zufälligkeiten die dem Flächenmuster 
gesetzten Schranken übersprang und solche Geschmacklosigkeiten wie 
die Landschaftstapeten ins Leben rief. Trotz redlicher Bemühungen 
deutscherseits den ausländischen Naturalismus durch strengstilisirte 
antike Formen unschädlich zu machen, behielt der französische 
Geschmack die Herrschaft bis in die Sechziger-Jahre, in denen eine 
stärkere Macht gegen sie zu Felde geboten wurde, nämlich die alten 
Stoffmuster. 
Neben den Männern, die damals zuerst die alten Stoffmuster sammelten 
und für die Tapetenindustrie nutzbar machten, ist an erster Stelle Friedrich 
Fischbach zu nennen. Sowohl durch die Veröffentlichung von Copien alter 
Muster, wofür er die im k. k. österreichischen Museum für Kunst und 
Industrie befindliche ehemalige Beck'sche Stoffsammlung als Grundstock 
nahm, als auch durch praktische Thätigkeit als Musterzeichner lenkte er 
die Tapetenindustrie Deutschlands in neue Bahnen und machte sie vom 
Auslande unabhängig. Sein Atelier lieferte in den Jahren 1862-1883 
 
	        
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