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Ankleidespiegel, Mahagoni, poliert, mit Bronzebeschlägen
Sichgehenlassen, Welches so
charakteristisch für Conders
Figuren ist. Künstlerischer
Übermut drängt sich bei allen
seinen Arbeiten in den Vorder-
grund; es ist schwierig, sich
über sein Werk in nüchternem
Deutsch auszudrücken. Das
feine Gewebe französischer
Phraseologie eignet sich dafür
viel besser, aber die Bewun-
derer seiner Arbeiten werden
mich wohl verstehen.
Gemälde, welche einem
eigentümlich individuellen
Temperamente entspringen,
haben die Eigenschaft, in dem
Beschauer korrespondierende
Gefühle zu erwecken, und
hierin liegt des Künstlers Ge-
schicklichkeit. Es gibt Bilder,
welche achtungsvolle Bewun-
derung für solide Verdienste
erwecken; andere, welche
ernste Ziele und Ansichten auf-
rufen; andere wieder, welche
als Stücke von Autobiographie
oder glänzender Charakter-
auslegung Interesse und spe-
kulative Neugierde erregen,
und dann gibt es noch weitere,
welche so voll von Schön-
heiten der Natur in ihrer
grossen, gleichmütigen Stim-
mung sind, dass bei ihrem
Anblick unwillkürlich tiefe Andacht und Friede sich den Sinnen mitteilen.
Es gibt Künstler, welche uns die Gemeinplätze des Lebens und seine
hässlichen Vorkommnisse wiederholen, und andere, welche uns zu Mitleid
oder zu Ekel vor der schrecklichen Wirklichkeit anregen, welche sie dem
Buche der menschlichen Tragödien entlehnt haben. Als ich zum erstenmale
ein Gemälde von Conder sah, war es, als ob ich ein Buch von Argenson
geöffnet hätte und dem sprühenden Gesellschaftsgeschwätze dieses leben-
digen Raconteurs lauschte. Gerade wie bei ihm spricht aus Conders Bildern
keinerleiMoral; sie weisen einfach in leichter, anmutiger Weise auf Tatsachen