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Volltext: Monatszeitschrift VII (1904 / Heft 9)

An die Stelle des Empirestils trat nach 1815 der von England aus beein- 
flusste Biedermeierstil, der schon zur Empirezeit sich nebenher entwickelt 
hatte. Mit dem Empirestil hat er den Zug zur Reinlichkeit, Staubfreiheit, 
gemeinsam; er ist der Stil der soliden Bürgerschaft ohne höhere Ideale, 
der Stil der braven deutschen Hausfrau im Gegensatz zum französischen 
Courtisanenstil, der hundert Jahre vorher herrschte. Leider verflachte dieser 
Stil zur gänzlichen Nüchternheit während der Kämpfe zwischen absoluter 
und konstitutioneller Regierungsform, als es der Kunst sowohl oben als 
unten an Förderung fehlte. Unsere Zeit ist ja nun nach langer Öde wieder 
am neuen Schaffen und Aufbauen. Echtheit und Gediegenheit, Stil nach 
Material und Technik, Klarheit und Gesundheit sind die Wurzeln, aus denen 
sich unser neues Kunstgewerbe entwickelt. 
 
URCH das Wohlwollen des hohen Obersthof- 
meisteramtes in der Lage, aus dem reichen 
Schatze der Möbel und Hausgeräte des Hof- 
mobiliendepots besonders interessante Stücke 
veröffentlichen zu können, setzen wir die Publi- 
kation von Möbeln und Bronzen österreichischer 
Provenienz aus der Biedermeierzeit fort und 
verweisen auf den im Hefte VI des vorigen 
Jahrganges unserer Monatsschrift gemachten 
Versuch, die Entwicklung des Stiles dieser Zeit 
zu charakterisieren, vor allem aber nachzu- 
weisen, dass der Biedermeierstil in Deutschland und Österreich unter dem 
ganz entscheidenden Einflusse der englischen Kunst des ausgehenden 
XVIII. Jahrhunderts steht, wie wir das nicht nur aus den Kunstformen 
ersehen können, sondern wie es uns auch durch zahlreiche literarische 
Dokumente bewiesen wird. Wir haben an oben erwähnter Stelle uns mit 
den Formen der Möbel beschäftigt und ihre stilistische Provenienz nachzu- 
weisen versucht und wollen jetzt nur noch aus der Literatur der letzten 
zwanzig Jahre des XVIII. Jahrhunderts in Deutschland einige Beispiele 
anführen, aus denen wir ersehen können, dass man sich grösstenteils voll 
bewusst war, englischen Vorbildern zu folgen, ja, dass man direkt nach 
englischen Mustern verlangte. 
Im „Journal des Luxus und der Moden" finden wir im Jahre 1786 eine 
Besprechung eines Kaminarrangements, in der es zum Schlusse heisst: „Wir 
beschliessen unseren vulkanischen Apparat (Kaminofen, Holzmagazin, 
F euerzange) mit einem schönen Ofen- oder Kaminschirme nach englischem 
Geschmacke, den verschiedene unserer Leser von uns gefordert haben. Die 
 
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