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stereotomische Formbehandlung würde weichem Stein oder Holz weit besser entsprechen
als plastischem Ton. Es liegt aber offenbar ein gesundes Streben nach konzentrierter
Zusammenfassung und Vermeidung kleinlichen Details vor, das in seiner Absicht zwei-
fellos gut, wenn auch in seinen Mitteln nicht immer gerade glücklich genannt werden
kann. Wenn also auch zugleich Widerspruch mit dem Interesse an dem Beschreiten eigener
Wege verbunden ist, so genügt doch schon das Vorhandensein so mutiger Bestrebungen,
um die Vorführung dieser eigenartigen Versuche zu rechtfertigen und Anteilnahme an der
künstlerischen Begabung zu erwecken, die zweifellos ernster Natur ist.
KÜNSTSALON VVAVVRA. In den früher von Pisko benutzten Räumen hat trotz
der Ungunst der Zeiten ein neuer Unternehmungsgeist Boden gefaßt. Er wird erst
seine Kraft zu zeigen und sein Glück zu erproben haben, doch ist die Schaffung einer neuen
Ausstellungsgelegenheit sicher ein wertvoller Gewinn für unser verarmtes Kunstleben.
Die Eröffnungsschau bringt bescheiden eine Vorführung des Österreichischen Künstler-
bundes, welcher eine Kollektion von Arbeiten des im Kriege gefallenen strebsamen Paul
Treulich und des fleißigen, vorwiegend graphisch vertretenen August jentsch eingefügt
ist. Auch von den keramischen Arbeiten der Kleinplastiker H. Kirsch und Meyer-Michel ist
eine hübsche kleine Sammlung vorhanden. Von den Bildern erfreuen jene Konstantin
Stoitzners des Älteren durch Ernst und Sachlichkeit, jene T. Ethofers und der Baronin
Kraus durch Gewandtheit und Frische. Es ist kein packender und an die Probleme der Zeit
gernahnender Anfang, aber immerhin ein wagendes Beginnen.
Die Räume müssen günstig genannt werden wie die Lage. Nur sollen auch die Zeiten
es wieder werden.
HALM UND GOLDMANN. AUSSTELLUNG I-IESSHAIMER. Ein
k. u.k. Berufsoffiziender dem Kriegspressequartier zugeteilt ist und die Kriegsereignisse
an der Front unseres nordöstlichen Kampfgebietes miterlebt, hat eine Sammlung von
Bleistiftstudien aus seinen Studienmappen ausgestellt. K. u. k. Hauptmann L. I-Iesshaimer
tritt nicht als Dilettant, sondern als Künstler vor die Öffentlichkeit, der den Bleistift
meisterlich handhabt und so sicher, breit und klar seine Eindrücke niederschreibt, daß
man an das Primitive des l-lilfsmittels und an die Schwierigkeiten, unter welchen gearbeitet
wurde, gänzlich vergißt. Ein Sachkundiger erzählt mit Interesse am Gegenständlichen,
aber ohne am Detail sich zu verlieren, von den Vorgängen in den Schützengräben, in den
zerstörten Ortschaften, bei den gesprengten Brücken auf den weiten Flächen der Kampf-
plätze und Durchmarschgebiete. Ihn fesselt aber nicht nur die Handlung, der Vorgang,
er hat auch feines Empfinden für den großen Reiz der Landschaft, der Bauweisen; die
Natur fesselt ihn nicht weniger wie das, was ihr großartiger Rahmen umschließt.
Außer den Lichtbildaufnahmen sind bei uns noch fast gar keine persönlichen Dar-
stellungen vom Weltkriege aufgetaucht. Nun hat uns das Kriegsfürsorgeamt Einblick
in die Arbeit eines tüchtigen Zeichners gewährt, der die Eigenschaften eines trefflichen
Schilderers und Erzählers besitzt. Man folgt mit ebenso großem Interesse dem bedeutenden
Gegenstände, wie man den Reiz des leichten, sicheren und wirkungsvollen Bleistiftstriches
genießt, mit dem diese fesselnde Eindrücke oft unter den gefährlichsten Verhältnissen
festgehalten wurden.
KLEINE NACHRICHTEN 50'
BERLINER CHRONIK. Eine kleine gewählte Ausstellung der Neuen Münchner
Sezession führte mich in eines der alten Berliner Patrizierhäuser am Pariser Platz.
Hier in dem Eckgebäude auf der Nordseite, eng an das Brandenburger Tor angeschlossen,
hat der Graphik-Verlag unter Leitung Otto Haas-Heyes sein Quartier aufgeschlagen.