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je ein bärtiger Begleiter (Apostel F). Dann folgt rechts ein niedriger Tisch,
auf welchem ein geschlossenes Buch liegt und über welchem an einem
Bogen eine Lampe als ein Incensorium hängt - ob die Darstellung des
Altars, an welchem der Exorcismus geschiehth
Bei der mangelnden entschiedenen Charakteristik behält die Deutung
von Kraus eine ziemliche Wahrscheinlichkeit. Was den stilistischen
Charakter der Schnitzerei anbelangt, so zeigen die Figuren bereits eine
dem Leben nachgebildete, verhältnissmäßig zwanglose Bewegung; die
Gruppenbildung ist nicht ganz ungeschickt, wenn sie auch weit entfernt
ist von schönem Fluss in der Composition der Linien. In der Charakte-
risirung der einzelnen Figuren finden sich noch Anklänge an altchrist-
liche Typen, die indess bei der sonst freieren Bewegung der Figuren nicht
zu einer zu frühen Datirung verleiten dürfen. Im Großen und Ganzen
wird man sich mit der von Kraus in das u. bis 12. Jahrhundert ge-
gebenen Datirung einverstanden erklären können. Die Thatsache einer
späteren Ueberarbeitung der Schnitzereien lässt Kraus in der Bestimmung
allerdings etwas schwankend werden, so dass ihm auch die Vermuthung
aufsteigt, dass hier vielleicht ein der karolingisch-ottonischen Zeit ange-
höriges Werk vorliegen könnte. Dem scheinen nun allerdings die ver-
hältnissmäßig natürlichen Bewegungen zu widersprechen.
In die Reihe dieser Denkmäler gehört ferner noch ein Weihwasser-
kessel, welchen der im Jahre m54 gestorbene Reichenauer Mönch Her-
mann der Lahme dem Kloster geschenkt haben soll. Das Original befindet
sich jetzt in der fürstlich Hohenzollern'schen Sammlung in Sigmaringen,
während der Schatz von Mittelzell einen Bronzeabguss des Werkes besitzt.
Dasselbe hat die Form eines abgestumpften Kegels, dessen kleinere Basis
den Boden bildet, ist o'i9 Meter hoch, und an der oberen Mündung 013 M.
weit, und trägt oben einen bügelförroigen Henkel. Die Außenseite des
Kessels ist mit einer Reliefdarstellung geschmückt, welche in zwei hori-
zontal getheilten Zonen den Kessel umzieht. Die Darstellung gibt die
zwölf Apostel mit ihren Attributen und der Scheibenglorie. Die einzelnen
Figuren stehen in Arkaden, welche durch baumartig sich verschlingendes
Astwerk gebildet werden. In den postamentartigen Untersätzen der ein-
zelnen Stützen finden sich auf die einzelnen Apostel bezügliche Darstel-
lungen, während die Zwickel durch Engelgestalten geschmückt sind. In
der oberen Zone treten an die Stelle der Engel Cherubingestalten. Auch
hier zeigt die stilistische Eigenart der Darstellung Anklänge an alt-
christliche Typen, die indess so wiedergegeben sind, dass die Verhältniss-
mäßig frühe Datirung des I0. bis n. Jahrhunderts nothwendig gefolgert
werden muss. Die Litteratur über den Gegenstand findet sich außer bei
Kraus noch in sehr dürftiger Weise bei Marmor (wKurze Geschichte
der kirchlichen Bauten und deren Kunstschätze auf der Insel Reichenauu,
Constanz 1874), der auch eine sehr mangelhafte Abbildung gibt (Bl. III);
dann bei Hefner-Alteneck, im Hohenzollern'scben Museum, Tafel LIV,