NLUG
NACH
BRASILIEN
Von SIEGFRIED FREIBERG
tsam, wie lang es doch dauert und wie kurz war es gewesen,
man in Ibura, dem Flughafen von Recifc wieder Land betrat.
: Zeit, die während des Flugs nicht verging, ist nun im Flug
gangen. Eine Strecke von 10000 Kilometern, wozu das Schiff
ei Wochen braucht. Man hat ein wenig gebangt, aber man
nun viel gewonnen.
lleicht war der genaue Beobachter der Flugstrecke auch einer,
' sich ablenken wollte. Beginnen wir noch einmal mit dem
fang der Reise. Die Swissair hat für dcn neugierigen Flug-
.t eine auf schmalem Karton aufgezogene Landkarte zur
rfügung, auf der er die Flugstrecke genau verfolgen kann.
ist reizvoll, die bekannten Orte der Wachau, und Melk, Linz,
aun- und Chiemsee aus der Schau des Vogels wiederzuerken-
i. Zum Lustgefühl des Bergsteigers, der schönen Aussicht, tritt
r noch die Freude an der raschen Fortbewegung. Es ist gewiß,
l sich der interessierte Fluggast, der sich in genügend Be-
zmlichkeit, unter dem Lächeln einer hübschen Hosteß, abge-
kt von einer delikaten Speisenfolge, die auf stehsicheren Ta-
tts serviert wird, wohlfühlt und vergißt. Kaum hat man den
tten Rest Wermuth ausgetrunken, wird Kloten, der Flughafen
richs, erkennbar. Er ist einer der modernsten und schönsten
ighäfen der ganzen Strecke.
: Panair do Brasil, die nun meine Passage übernimmt, schraubt
1 über einen doppelten Regenbogen hoch, es hat leicht ge-
ynet, - in 6000 Meter Höhe, die es gestattet, ohne Gefahr
:r die Alpengipfel hinwegzuschwebcn. Eine neue Variante der
insucht nach dem Süden wird in uns wach. Wieder wollen
- genaue Einzelheiten erkennen, aber die Panair hat leider
' die angenehme Belehrung durch die Landkarte verzichtet.
r befinden uns in einer stolzen viermotorigen Maschine. Die
asagiere weiter Reise scheinen um einen Grad vornehmer, man
iß nicht, ob nicht Belehrung oder Ablenkung sie belästigt. Ein
achenkundiger Steward gibt in großen Intervallen in vier
-achen die Position bekannt. Über die Gietscherwelt der Alpen,
ren etwas rostige Spiegelflächen und Sehncelappen in abend-
iem Rot aufglühen, möchte man genauere Auskunft haben.
er man traut nicht recht den Angaben des Kündigen, der die
ute angeblich schon hundert Male geflogen ist. Ist das wirk-
1 der Gornergrat, hier das Matterhorn, die jungfrau, dieser
imutzig graue Gipfel? Etwas schaudert einen, vor den so nied-
und bescheiden gewordenen Riesen, und gelegentlich helfen
belfetzen tröstlich mit, die Nahe des Abgrunds zu verschleiern.
:lche Stille ahnen wir da draußen. An das gleichmäßige Brum-
n der Motoren haben wir uns gewöhnt und hören es kaum.
sich die Wolkendecke wieder zerteilt, wird Piacenza gemel-
:, als nächstes Civitavecchia. Die Sonne ist untergegangen. Als
rauf Roms Flughafen Ciampino landen wollen, beleuchten in
r Tiefe bereits in geordneten Abständen die vielen Lampen die
te und die Lichtkegel der Scheinwerfer weisen uns den Weg.
Ich eine Spirale. Rom präsentiert sich im Lichterglanz, die
bigen Leuchtreklamen verlebendigen das Bild. Nun die Via
ipia und wieder der Flugplatz. In allen Sprachen ersucht das
:gaphon wieder das Rauchen einzustellen und sich anzugürten.
eich wird auch ein Danke hinzugefügt, thank you, obrigado.
in fühlt sich dem Sprecher verbunden und vernimmt nun das
osseln des Gases. Das Flugzeug sinkt merklich. Die Flügel,
nen man bisher kaum eine Bewegung angesehen, an ihren
den sind die farbigen Lichter aufgeblinkt, neigen sich, wir
ngen für Augenblicke etwas schief, die Flaps (Bremsflügel)
terhalb werden nun herausgedreht, das Fahrgestell herab-
lassen, die Bewegung des Steuers und das Reversieren der
Propeller, alles in allem erzeugt ein Ächzen und sirrende Töne,
wie sie jeder Landung vorausgehen. Ein Funkenregen sprüht
noch aus den Auspuffrohren unter den Flügeln. Das Stahlherz
der Maschine beruhigt sich. Fast dankbar empfinden wir noch
die kleine Erschütterung des Aufpralls der gewaltigen Pneus
auf dem Betonboden. Schon laufen wir langhin auf der Piste
aus und in Kurven kehren wir zum Flughafengebäude zurück.
Wie sicher geschieht alles! Wer wird jetzt noch annehmen, daß
Ähnliches geschehen könnte, wie man es gelegentlich in schauri-
gen Zeitungsberichten liest. Schon werden wir in das Neonlicht
der Empfangshallen geführt. Eine Stunde ist Aufenthalt. So lange
dauert das Auftanken und Überprüfen der Motoren. Das Ver-
weilen in den Kabinen ist während dieser Zeit verboten.
Bald geht es wieder von dem lauten Treiben auf dem Bahnhof
in die vertraute Stille des „Eroberers" („Bandeirante" heißt der
Flugzeugtyp der Panair do Brasil). Noch einmal paradiert Rom
im Lichterglanz. Das Abendessen wird serviert. Der Passagiere
sind weniger geworden. Dann reicht man uns die kleinen, so
leicht verrutschbaren Polster für eventuellen Schlaf, aber die
meisten dösen nur, wenn auch die kleinen Lampen ausgeknipst
werden. Hinter den Vorhängen lugt man noch in die sternhelle
Nacht-Die letzten Lichter an der tyrrhenischen Küste bleiben
zurück. Da noch ein hell erleuchteter Ozeandampfer, winzige
Fischerboote, im Dunkel das unbekannte Meer, Korsika und
Sardinien sind zu erkennen, die Meeresstraße zwischen den In-
seln weiter als man sichs vorgestellt hätte. Und nun dauert es
lange, bis die Lichter von den Balearen heraufwinken und das
Liehtgeschmeide Barcelonas. Der Fremde kann kaum noch Un-
terschiede festhalten. Die Anlage der einzelnen Flughäfen, die
erkennbar sind, wird ihm vielleicht als einziges deutlich. Auf
dem mitternächtigen Aeroport von Madrid ist noch Leben. Wir
verweilen nur kurz. Um ein Uhr starten wir nach Lissabon. Es
folgt die kürzeste Strecke und der längste Aufenthalt, der letzte
auf europäischem Boden. Es ist zwei Uhr früh. Wir wenigen
wollen schlafen, aber wir werden in das Restaurant auf dem
menschenleeren Flughafen geführt. Die Büffetdame scheint über-
nächtig, der Kellner nicht gerade temperamentvoll. Auch das
Flugpersonal sitzt an einem Tisch, bei ihnen herrscht noch am
meisten Unterhaltung, der Gesprächsstoff scheint ihnen nicht
auszugehen. Ich besehe in den Vitrinen die ausgestellten Er-
innerungsartikel des portugiesischen Kunstgewerbes, die vielen
süßen Puppen lächeln in die gespenstische Leere des großen
Saals. Warten. Um Vier erst sinkt man wieder in die Polster
seines Kabinensessels und kann die Augen schließen. Das gleich-
mäßige Brummen der vier Motoren ertönt einem schon wie die
Melodie der Geborgenheit, angenehm umfangen von der ge-
wohnten Umgebung folgt man gern der Leuchtschrift: „Nac-
fume - Use cintosl" und schnallt den Gürtel fest.
Sechseinhalb Stunden dauert der Flug nach Dakar. Er führt der
portugiesischen Küste entlang. In ein bis zwei Stunden wird der
Morgen grauen. Man kann ruhig etwas schlafen. Vielen gelingt
es bis zum Vormittag, da die andern schon frisch rasiert aus dem
Waschraum kommen. Auch der eine oder andere vom Personal
findet sich hier zur Verschönerung ein. Aber man hat Zeit und
Geduld bis man an die Reihe kommt. Die Schläfer kümmert
wenig der Sonnenaufgang um sechs Uhr iiber dem Wolkenhori-
zont, das Schauspiel der blitzenden Lichtstrahlen und Goldstrei-
fcn, und wenn die Wolken die Sicht freigeben, der Blick auf das
feingerillte Meer. Die Südspitze Portugals, das Cap Vincente, sieht
verlassen aus, wir schweben zu hoch, um ein Leben in der Tiefe
oder die Bewegung des Meeres feststellen zu können. Als braune,
25