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konnte nicht verloren gehen und die Dame mit dem Mut? von ,Hirst
(Nr. 578) und die Mädchen am Brunnen von Tomkins (Nr. 579), beides
Blätter, welche noch nicht drei Jahre alt sind, beweisen zur allgemeinen
Ueberraschung, dass die schöne und gute Schabkunst noch nicht ganz
erstorben ist.
Nun ist es aber hohe Zeit, sich umzusehen, welche Schicksale denn
die Schabkunst in den anderen Ländern Europas hatte. Die romanischen
Länder, wieltalien und noch mehr Spanien, stehen mit ihren Leistungen
auf dem Gebiete der Schabkunst so tief, dass eine allgemeine historische
Skizze auf dieselben gar nicht einzugehen braucht. Und nicht viel besser
steht es in Frankreich, aus naheliegenden Gründen. Wenn England das
Land der Schabkunst wurde, so war und ist Frankreich seit dem I7. Jahr-
hunderte bis heute die Heimat des großen monumentalen Kupferstiches
so gut, wie der unendlich feinen, oft champagnerartig prickelnden lllu-
strationen seiner belletristischen Litteratur. Wo die Meisterwerke von
Nanteuil, Audran, Edelinck, Drevet, Wille und die Cabinetstückchen
eines Gravelot, Eisen, Cochin und Moreau ihre mit vollem Recht be-
geisterten Anhänger hatten, nicht zu gedenken der Vorliebe für die
Farbenstiche eines Janinet u. A., da war für die Schabkunst kein Raum
frei und die wenigen Blätter von Barras, Bouys und Sarrabat ver-
mögen auf uns keinen besonderen Eindruck zu machen. Der einzige
Ludwig XIV. von Louis Bernard (Nr. 584.) rechtfertigt einigermaßen
den Hymnus, welchen Laborde über diesen Landsmann anstimmt. Die
virtuose Technik und echt französische fougue et verve, mit welcher sich
Debucourfs große Blätter nach Vernet (Nr. 58g und 590) präsentiren,
lässt uns wenigstens das künstlerische Können dieses Meisters ahnen, der
es jedoch später für besser fand, sich durch seine erninenten Farbensticlte
Geld und Ruhm zu erwerben.
Auch die Ableger, welche die englische Schabkunst mit Pelham
nach Amerika und mit Walker nach Russland sandte, wo derselbe seit
1784 Hofgraveur der Kaiserin Katharina wurde, brauchen nur beiläufig
erwähnt zu werden.
Ein breites und großes Gebiet eroberte sich dagegen die Schabkunst
in Deutschland. Seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts machten
sich in einer Reihe von Städten einzelne Künstler sesshaft, wie Block
in Regensburg, Huck in Hannover, Michelis in Dessaufißlesendorf,
Freidhoff und Sintzenich in Berlin; aber schließlich concentrirte sich
Alles, was in Schabkunst in Deutschland gearbeitet wurde, in den da-
maligen Hauptplätzen des Buchhandels, in Nürnberg und Augsburg. Ich
brauche hier nicht einzelne Meister zu besprechen, denn es ist wenig
erschienen, was historisch bedeutsam wäre und über gute Mittelleistungen
hinausginge, und es genügt, die bekannten Verlegerfirmen Preissler und
Weigel in Nürnberg, Heiss, Ridinger und Rugendas in Augsburg
zu nennen, um fast lauter bekannte Blätter in größter Zahl in Erin-