Anschauung des Betrachters, wie sich z. B. aus den
Angaben eines französischen und eines englischen Z)
Werkes ersehen läßt, die beide auf das gleiche
Objekt Bezug nehmen. Es handelt sich um eine
Messingkugel im Besitz des Britischen Museums in
London, die in der Museumspublikation als syrischer
Handwärmer verzeichnet ist. Clouzotl) bezeichnet
die gleiche Kugel, in seiner Geschichte der Kunst-
werke in Metall, als kugelförmiges Weihrauch-
becken. Hier ist nun allerdings die Rede von einem
Kunstwerk des islamischen Kunstkreises. Die Be-
griife sind jedoch nicht ganz einfach zu trennen,
denn über Venedig, der traditionellen Eingangs-
pforte islamischer Kunst, sind diese Kugeln in den
Haushalt der Italiener übergegangen und fanden
vielfach Verwendung. Die italienische Bezeichnung
hiefür lautet „profumegrW, welcher Ausdruck am
ehesten mit Weihrauchkugel übersetzbar erscheint.
Nach Ludwig4) sind diese Kugeln zur Duftver-
breitung auf den Teppichen umhergerollt worden,
eine Anschauung, die doch offenbleiben muß.
Eine Reihe früher Handwärmer, deren Abbildungen
hier beigebracht sind, besitzt das Muse de Cluny
in Paris. Es handelt sich um französische
Arbeiten. Das Material ist Kupfer. Sommerard5)
fiigt im Katalog von 1883 bei einem der XVärmeäpfel
hinzu, daß diese in der schlechten Jahreszeit eifrig
gebraucht wurden. Speziell beim Aufenthalt in der
Sakristei wie auch in der Kirche selbst. In den
ungeheizten Kirchen waren die unbedeckten Hände
am meisten der Kälte ausgesetzt. Um sich zwischen-
durch zu wärmen, nahm man die Wärmeäpfel in
die Hände. Man trug sie an einem Kettchen am
Unterarm.
Das Museum für Kulturgeschichte und Kunst-
gewerbe in Graz besitzt ebenfalls so einen Wärme-
apfel. Die Kugel und die Ringe sind aus Messing,
der Olbehälter aus Kupfer. Ein ganz ähnliches
Exemplar findet sich bei Bosc 6) abgebildet, der bei
seiner Zeichnung das Flämmchen brennen läßt.
Außer dem glühenden Metallstiick oder einer kleinen
Flamme ist wohl vor allem Glut als Wlärmequelle
benutzt worden.
Die lateinische Bezeichnung für den Wärmeapfel
lautet „pomum calefactorium", womit ausdrücklich
ein kleiner Handwärmer umrissen ist. Der Ausdruck
„Apfel" weist natürlich lediglich auf die Kugelform
hin. Die lateinische Bezeichnung „calefactor" bezieht
sich dann bereits auf größere Wärmequellen, z. B.
Kohlenbecken in kleinen Xlfägelchen usw. lm
übrigen mag es hier vielleicht angebracht sein, darauf
hinzuweisen, daß es auch Kühlungsäpfel gegeben
hat. Es sind dies Kugeln aus Bergkristall, die den
vorderen Abschluß der Armlehnen eines Sessels
bildeten. Bekanntlich gilt es auch heute noch als
Faustregel, daß das beste Unterscheidungsmittel
zwischen Glas und -Bergkristall darin besteht, daß
sich Glas schnell erwärmt, wohingegen der Berg-
kristall kalt bleibt.
(iay 7), der den einen der Wärmeäpfel des Vatikans
in einer Zeichnung abbildet, führt eine ganze
Reihe von lnventarnotizen an, die sich mit ziem-
licher Ausführlichkeit in die Details verschiedener
Wärmeäpfel vertiefen. Es läßt sich hier unter anderem
auch feststellen, daß es auch silberne Wärmeäpfel
gegeben hat, was durchaus verständlich ist, da der
Wärmekoeffizient von Silber außerordentlich hoch
ist. Die einfachste Probe, 0b ein Objekt aus Silber
oder nur versilbert ist, besteht bekanntlich darin,
beide Objekte in heißes Wasser zu tauchen. Der
echte Silbergegenstand ist augenblicklich ganz heiß,
das versilberte Objekt nimmt erst langsam die
Warme an. Vermutlich sind die allermeisten sil-
bernen Wärmeäpfel den üblichen Gang anderer
Silberschätze gegangen und eingeschmolzen worden,
wodurch uns im wesentlichen nur die kupfernen
und bronzenen Exemplare erhalten geblieben sind.
Außer den oben angeführten alten lnventaren können
wir jedoch auf eine sehr wesentliche erhaltene zeit-
genössische Quelle verweisen. Es handelt sich um
die Zeichnungen des Villard de Honnecourtäi).
Nicht nur in der Zeichnung, sondern auch im Text
wird genau auf das Problem des Wärmeapfels ein-
gegangen. Die Kardanaufhängung wird sogar durch
sechs Ringe gesichert, was wohl als iibervorsichtig
anzusehen ist. Die erhaltenen Exemplare begnügen
sich auch mit weniger Ringen.
Etwas abweichend von den üblichen Ausführungen
ist der Wärmeapfel im Domschatz von Halberstadt9).
Die Kugel hat einen Durchmesser von 15 cm und
wird in einem zeitgenössischen Lederfutteral auf-
bewahrt. Das Material ist vergoldete Bronze und es
sind pro Halbkugel vier Medaillons mit Bildern und
Symbolen der Evangelisten als Schmuck eingraviert.
Der wesentliche Unterschied zu anderen Exemplaren
besteht jedoch darin, daß der Halberstädter Wärme-
apfel keine Öffnungen an seiner Oberfläche aufweist.
Es handelt sich also um zwei Halbschalen, die keine
Durchbrechungen aufweisen. Er stammt aus dem
13. Jahrhundert.
Die Zahl der erhaltenen Handwärmer ist nicht sehr
groß, doch linden sie sich in den verschiedensten
Sammlungen, so unter anderen auch im Musee du
Cinquantenairelß) in Brüssel (Kupfer, vergoldet)
und im Museum zu Allerheiligen in Schaffhausen I1),
das zwei versilberte Kupferexemplare aufbewahrt.
Der eine Wärmeapfel stammt aus dem 14., der
andere vom Ende des 15. Jahrhunderts. Zeitlich
ist die obere Grenze der Wärmeäpfel wohl mit dem
16. bis 17. Jahrhundert anzunehmen, denn dann wird
die Fm-mIZ) der Wärmespender anders. Dies gilt
nicht für Arbeiten des islamischen Kunstbereichs
und Werke aus dem Fernen Osten, die noch an
anderer Stelle gesondert behandelt werden sollen.
ANMERKUNGEN:
1) Feldhaus, nie Technik dcr Antike und des Minelaltels. Leipzig 1931; p. 291. Abb. au. (lnneuansichl). Abb. 315 (sennin durch einen Winne-
apfcl. von Villzrd).
1) n. nnren. Islamic Mculwurk in 1111- UriKiSh Museum. London 1949. Abb. 22. syrisrher Handwänncr, 1264779 n. 1).. Diametcr 11mm. Mes-
sing. silbcrrauschicrl.
.1) Manucls d'Histoire dc 1'Ar1. 11-1 Arn du Mew, par Hein-i Clouzot. Paris m4; 113.253.
I) s. Ludwig, Vcnczianischer Hausral zur Zeit 11er Renaissance; Italienische Forschungen 1. Berlin 1906; p. 26a, Fig. 107 "Prnrnniegn", Museo
Civico, Venedig. Islamische Arbeit ILIS Kairo,
1) Mnne des Thcmws 1-1 1ie l'Hnlcl 111- Cluny, Catalogue a: E. du Sommvnrd. Paris 114113; p. 419. N0 511a (Abb. s vorliegenden Aufsatzes).
n) E. Bosc. Dictionnairc 111- rAn. 1ie I2 (rnrinsi1e er du ibdot. Paris 18x31 n. m. Fig. 234 gcschlossmxcr Wänncnpfcl, Fig. 225 nirener Winne-
apfcl.
1) v. cny, Glosiaire arrhünkigiquc. 11.1111 111117. 1:11. 1. 348149 (auf Seite am abgebildet 1111 Zeichnung, Wärmeapfel des 1.1. Jahrhunderts, Vatikan.
Axiüenansich! beider Halbkugeln).
19111111 1x. Hxhniosltf, Villnrd 111- Hunncbouzl. Wien 1935; p. 45 (1111) 4x. Ami. Tafcl 17; Abb. 21a Ereinpiir 111-1 111-1111-1-111-11 Krünungsschatzcs
i K. P6161. Rum. Abb. H7 Excmplar aus dem Schatz von St. Puter. Excnl; . Abb. 86 identisch mit Anm. 7, Exemplar Abb. B7 identisch
niir Anm. 1 (Abb. 316).
") O1 Doering. Dic Kirch von Hailnrstad Kdhljwicn 1927. Abb. 70 Wiinncnpfel (Donlsnnlmluizg N0 M) mit seiner Lcdcrkzpsel.
1") H. Swaxzcnski. DIC a! sähen iihllninißnru Handsrhriflcn des l31Jlhfill1lldCflS In den Ländern an Rhein, Main und Donau. Bcrlin 1.926; p. 1'),
Anm. 7 ein Wärmcupfcl m Urüssnl erwähnt.
n) Siehe auch: Die Kunshicxlkmälcr der Schweiz, Bd. 26. Abb. l98li99.
I1) Politikcns Haandbßgcr Nr. 90. Je); er szmlcr. Kobenhavn 1055; n. 112. Abb. e. lllusrricrre Gcszzhichrc des Kunstgcwerbßs. Bd. 11, n. 10. neriir.
(o. 1.).