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Volltext: Die österr. kunsthistorische Abtheilung auf der Wiener Weltausstellung (Exposition des amateurs)

zwei Adlerflügel mit Krallen, die den Ring der Ewig 
keit lullten. Sämmtliclie Darstellungen sind als höchst 
zierlich gearbeitete, auf Hornplatten aufgelegte Elfen 
bein-Reliefs ausgefiihrt; Composition und Technik mei 
sterhaft. Die Einrahmungen von drei Bildern auf der 
Vorderseite des einen Schreines sind wahrscheinlich im 
XVII. Jahrhundert, und zwar in nicht ganz gelungener 
Weise erneuert worden. Dieses bedeutend roher aus 
geführte Elfenbein-Ornament wurde in schwarzes Kitt 
eingelassen, doch diese Arbeit nicht sehr sorgfältig aus 
gefiihrt. Die Bedachung bildet ein Kreis-Segment mit 
oben aufgelegter Platte. Auf dem gebogenen Theile des 
Daches sind theils rothe, theils grüne, theils weisse 
Schuppen von Elfenbein angebracht, auf der Platte 
sieht man eine aus Wellenlinien und Sonnen combinirte 
Ornamentirung und in der Mitte ein Wappen mit einem 
Kreuze belegt und mit je einem einköpfigen Adler in den 
vier Feldern. Diese Schreine, ungeachtet der deutschen 
Inschrift unzweifelhaft italienische Arbeit, gehören dem 
Beginn der Renaissance an und dürften im XV. Jahrhun 
dert entstanden sein. Wenn auch jetzt als Reliquien 
schreine verwendet, ist mit Rücksicht auf die auf den 
selben angebrachten Darstellungen kein Zweifel, dass 
diese Truhen, die lange Zeit der Grazer Burg gehörten, 
einst für profanen Gebrauch bestimmt waren. (S. hier 
über Steinbüchel’s Reliquienschreine der Kathedrale 
zu Graz 1858 und die, die darin niedergelegten An 
sichten widerlegenden Artikel im vierten Bande der 
Mittheilungen der k. k Central-Commission pag. 27.) 
Ober diesen beiden Schreinen waren die Wände mit 
je einersehr grossen prächtigen Maulthierdecke, die 
eine aus Goldbrocat, die andere aus rothem Seidenstoff, 
geschmückt; dieselben sind am Rande mit reicher erha 
bener Goldstickerei verziert und enthalten in der Mitte 
in bunten Feldern das grosse Wappen des im Jahre 
1717ausgestorbenen Fürstenhauses Eggenberg, in dessen' 
Erbe die gräfliche Familie Herberstein trat. Diese 
Decken , die einer Sammlung von zehn derartigen 
Stücken entnommen wurden und in dem, dem Grafen 
Heinrich Herberstein gehörigen Schlosse zu Eggenberg 
aufbewahrt werden, dürften aus Anlass der zweiten 
Hochzeit Kaisers Leopo'd I. angefertigt worden sein 
(Nr. 3 und 4). 
Links des mit Nr. 2 bezeichneten Grazer Schreines 
leimte dieSacristeithür der Propsteikirche zu Bruck an 
der Mur (Nr. 5), von welchen wir hier (Fig. 109) die Ab 
bildung einer Partie ihres Beschlages beigeben. Die 
ganze Fläche des Eichenholzes ist mit Eisenblech in der 
Art bekleidet, dass durch einzelne Eisenstreifen über die 
ganze Fläche der Thür rhombische Felder gebildet werden, 
deren jedes entweder mit gegliederten Masswerkverzie- 
rungen oder in frei-ornamentaler Weise geziert ist. Die Or 
namente sind in Blech getrieben, ciselirt und dieMasswerk- 
verzierungen in derWeiseaufgelöthet,dass zw r ei übereinan 
der liegende Eisenplättchen angewendet erscheinen,deren 
oberes das herumlaufende Plättchen, das untere die beim 
Steinmasswerk übliche Hohlkehle repräsentirt. Die De- 
coration der Felder hebt sich von der Unterlage kräftig 
ab, da diese abwechselnd aus rothem und blauem Per 
gament gebildet ist. Beiläufig in der Mitte der Thüre ist 
ein Thürgriff angebracht, der sowohl auf den Flächen 
des Ringes, wie auch am Anschlagblech mit geometri 
schem Masswerk in dem an der ganzen Thür hervortre 
tenden Geschmacke der späteren Gothik, Ende des XV. 
Jahrhunderts, reich geschmückt ist. (S.Heider-Eitel- 
b erg er’s mittelalterliche Kunstdenkmale des österr. 
Kaiserstaates 1.149 und Mittheilungen XV. pag. 43 u. f.) 
Zur Seite des andern Schreines sahen wir eine 
ganze Rüstung mit geätzten Streifen und Rändern, auf 
der Brust ein vor dem Crucifixe kniender Ritter, der 
Helm mit Stachelvisir. Diese Rüstung aus dem XVI. 
Jahrhundert stammend ist Eigenthum der steirischen 
Stände (Nr. 287). 
Noch haben wir sechs Kacheln zu erwähnen, davon 
eine mit einem in Relief ausgeführten Bouquet, die anderen 
mit der Darstellung der fünf Sinne nach H. Goltzius ge 
ziert sind. Sie stammen aus der Hand des berühmten 
Töpfers Georg Vest in Kreissen bei Baireuth (1608), 
doch sind davon nur zwei im Original erhalten ge 
blieben. (Franz Graf Enzenberg in Innsbruck. Nr. 
291, 107.) 
Ober der Thür hing ein Kronleuchter in Gestalt 
einer Jungfrau mit dem Wappen der Madruzzi, aus Holz 
geschnitzt und bemalt, daran zwei Steinbockhörner, an 
denen die Lichterreifen angehängt waren. Der Kopf 
putz der Figur deutet ebenfalls auf das Madruzzo’sche 
Wappen. Der Lichthälter wurde aus dem Schlosse 
Nonsberg, derHeimath dieser Familie, erworben (Eigen- 
thtimer Ritter von Goldegg in Velturns, Tyrol, Nr. 288, 
Fig. 107). 
Wenn man längs der rechten Seitenwand des Saales 
hinabging, so sah man zwei lebensgrosse Büsten aus 
Fig. 7.
	        
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