namentlich in den Jahren 1960 bis 1965, eben-
falls oft mit dem Theater befoßt; es entstanden
Bühnenbildentwürfe zu Sophokles, zu Auffüh-
rungen am Wiener Burgtheater und in der
Felsenreitschule in Salzburg".
Unlängst erst ging eine Nachricht durch die
Presse, aus der zu entnehmen war, daß ein
Theatervorhang, den Fritz Wotruba für einen
Zyklus antiker Dramen fürs Wiener Burgtheater
geschaffen hatte, aus Gründen mangelnden Ma-
gazinraumes vernichtet worden ist. Der Vorhang
war sehr groß; er deckte die ganze Burgtheater-
bühne ab. Man ist also, wenn man sich den 1960
entstandenen Vorhang vergegenwärtigen will,
auf das hier abgebildete Schwarzweißfoto ange-
wiesen. Audw die Originalzeichnung zum Vor-
hang ist in New York an einen unbekannten
Käufer veräußert worden, wie der Künstler mit-
teilt. Dennoch gibt auch das Foto einen Begriff
von der großartigen archaischen Blockigkeit und
königlichen Gewalt des Vorhangs und von seiner
tiefenplastischen Wirkung. Schon die Skizze lößt
etwas von der Dramatik der endgültigen Ge-
staltung ahnen.
Mit dem 1. Preis wurden Entwürfe Fritz Wotru-
bas für den eisernen Vorhang der Wiener Oper
zur Wiedereröffnung nach dem Kriege ausge-
zeichnet. Aber keiner der drei Entwürfe kam zur
Ausführung; die Wahl fiel zuletzt, wie man
weiß, auf den Entwurf eines anderen Künstlers,
und es ist hier nicht der Ort, diese Entscheidung
zu beurteilen.
Ganz besonders interessant für die Geschichte
der gemalten Theatervorhänge ist die Stadt Ulm.
In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts hatte
der Baumeister Joseph Furttenbach (1591-1667)
dort seine kühnen, von Italien angeregten Büh-
nenbauproiekte verwirklicht, und es ist uns über-
liefert, wie seine bemalten Hauptvorhänge aus-
gesehen haben". Eine spätere Spielstötte in
1D
r
wurf von Almir Mavignier. Der in Hamburg
lebende und lehrende Künstler (1925 in Rio de
Janeiro geboren) wurde dafür gewonnen, für
das neue, 1969 erbaute Theater an der Olga-
straße zu Ulm (eine fesselnde architektonische
Lösung von Fritz Schäfer, Ulm) den Vorhang zu
entwerfen. Es handelt sich in Ulm um ein varian-
tenreiches Podiumtheater, dem Mavigniers Vor-
hang zweifellos trefflich entgegenkommt ".
Der Vorhang ist 1969 installiert worden. Ma-
vignier hat dafür eine Graphik entworfen: Gold-
punkte auf dunklem Untergrund. Der Vorhang
wurde hergestellt von Lotte Hofmann (Oberrat!
Württemberg), die auch Vorhänge für das Staats-
theater Kassel, für Ludwigshafen und Mainz
produziert hat. Der Vorhang ist aus handge-
webter Hononseide hergestellt, auf die die Punk-
te appliziert sind, die im gleichen Abstand von
etwa 20 cm auf 5 cm kleiner werden. Die hellen
Punkte aus goldgelber Thailandseide sind auf
dem Hintergrund tiefbrauner Chinaseide ange-
bracht. Der Vorhang, der rückwärtig eine sehr
starke Abnähung hat und, an einer Laststange
montiert, nach oben weggezogen wird (sich also
nicht seitlich öffnet), besitzt wie manche alten
gemalten Draperievorhönge eine mittlere Off-
nung, durch die die Schauspieler auch bei ge-
schlossenem Vorhang heraustreten können. Das
Theater hat zwei weitere, bräunliche Spielvor-
hönge; der vordere befindet sich vor dem
eisernen Vorhang, also vor dem Orchestergra-
ben, der andere im verschiebbaren Portal. Der
Vorhang Movigniers ist der einzige Schmuck des
Zuschauerraums.
Man sieht also, bis in die neueste Zeit ist die
Freude am künstlerisch gestalteten Bühnenvor-
hang erhalten geblieben, und es wird sich ge-
wiß hin und wieder ein Theater finden, das
einen Künstler mit der Ausschmückung einer sol-
chen Riesenflüche betraut.
20
Anmerkun en 10-14
m Kalalog skar Kokosduka (Handzeichnungen, Druckgra-
phik, Tupisserie was-mm), Hamburg, Museum für Kunsi
und Gewerbe, 197D, Nr. 227-253. er Kulalo umsdllag
zeig! den Vorhanggobelin farbig. Deicils un Herslel-
lungsbesdureibun im Katalog.
"Cluus Pack, M0 arne Graphik in Usmrraidv, Wien 1969.
Neue Ausgabe, S. 55 f. Unler Nr. 125 Äbbildung einer
„Archifekionischen Figurenkompnsiiion", die Ähnlichkeil
mit dem Vorhang besilzf.
1' Karl Bachler, Gemalte Theatrvorhänge, S. 21 I.
" Ebda. S. 38 1.
" Ulmer TheuVer, Neubau 1969, Ulm o. J, (1969), Äbb. S. 34.