Für den Kunstsammler
Barocke Schraubflaschen
Unter den Gefäßformen der Vergangenheit ist die
Schraubflasche in ihrer zweckbedingten Einfachheit
und Geschlossenheit von besonderem Reiz für den
modernen, durch die Tendenzen moderner Sachlich-
keit für derartige Funktiansformen eingenommenen
Menschen.
Ihr Zweck war recht vielfältig. Sie diente zur
Aufbewahrung von Weihwasser ebenso wie zur
Aufnahme von köstlichen Würzweinen, Schnäpsen
oder Essenzen. Auch trockene Gewürze und Kräuter
sind gerne in diesen Gefäßen aufbewahrt worden.
Ebenso vielfältig sind auch die Materialien, aus
denen die Schraubflaschen gefertigt wurden. Wir
finden sie als Meisterwerke der Goldschmiede-
kunst in vergoldeten Silberarbeiten der
bedeutenden deutschen Zunftzentren, wie Augsburg,
Wien, Nürnberg, Breslau oder Danzig. [Neben-
stehend eine getriebene Augsburger Flasche neben
einer einfachen gebuckelten Breslauer Arbeit und
einer birnenförmigen getriebenen Danziger
Flasche.) Vor allem das "I7. Jahrhundert liebte
diese Goldschmiedeform. Graviert, gebuckelt oder
mit getriebenen deutschen Blumen, gelegentlich
sogar mit kostbaren Emails ausgestattet, gehörten
sie zur Reiseausrüstung großer Herren des Barock.
Der einfachere Bürger begnügte sich mit Zinn,
aber auch dieses war oft köstlich mit Gravuren oder
Gußornamenten geschmückt. Die „Zinnpitsche" war
im 17. und im früheren 18. Jahrhundert meist
sechseckig, seit dem Rokoko walzenförmig. Seltener
findet sie sich als flache Buchpitsche.
Besonders reizvoll sind keramische, in Scharf-
feuerfarben dekorierte Schraubflaschen mit Zinn-
verschluß. Die Salzburger Obermillner-Werkstatt
schuf im l7. Jahrhundert nebenstehend abgebildete
große Weihwasserflasche mit Darstellungen der
Passion in den blouumrahmten runden Feldern.
Eine spätere Flasche derselben Manufaktur zeigt
die in Salzburg so beliebten erzbischöflichen Hof-
zwerge und dürfte als Behälter für Würzwein
gedient haben. Auch die Gmundener Manufaktur
stellte Schraubflaschen her. An der Zahl der Krüge
gemessen, sind sie sehr selten. Die abgebildete
walzentörmige Flasche der grünen Familie
Gmundens ist rundum mit Ansichten des Traunsees
und mit Schiffen verziert. Die zweite runde Flasche
aus der älteren blauen Familie trägt religiöse
Darstellungen und diente als Weihwassergefäß,
ebenso die birnenförmige Gmundener Flasche mit
den schwungvollen Bildern der Heiligen Florian und
Michael.
Auch als einfache Hafnerkeramik sind derartige
Gefäße reizvoll. Eine mächtige vierkantige
griingetleckte Pitsche mit Zinnverschluß aus
Oberösterreich beweist dies ebenso wie die
eiförmige dunkelblaue Salzburger Pitsche mit
Relietdekor.
Es ist immer noch möglich, eine Gruppe solcher
Schroubflaschen zu sammeln. Ihre Formen sind von
zeitlos gült" er Schönheit, in ihrem Dekor genießen
wir die vielfältigen Leistungen alten heimischen
Kunsthandwerks.
Kurt Rossacher
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