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Volltext: Alte und Moderne Kunst XVI (1971 / Heft 114)

Grund der Überlegung gewesen sein, die größte Schau dieses Herbstes, die 
den etwas umständlichen Titel „österreichische Kunst 1970 Skulpturen plastik 
abiekte" führte, im Schloß und Park EGGENBERG zu zeigen. Denn hierher 
kommen täglich viele Besucher, Einheimische und Fremde, um das Bauwerk 
zu besichtigen; und hier sollten sie auch mit den Zeugnissen unserer Zeit 
konfrontiert werden. Um es kurz zu sagen: Das Schloß hat eine großartige 
Architektur, und von den Zeugnissen unserer Zeit bestanden daneben nur wenige, 
viele kaum, die meisten überhaupt nicht. Daß es aber zu dieser Diskrepanz 
kam, war sidier eine Folge der Auswahl, aber auch, und nicht zuletzt, eine Folge 
der vollkommen verfehlten Aufstellung. 
Zur Auswahl wäre zu sagen, daß bei einem Übergewicht an unreifen 
Experimenten neuer Strömungen, wobei immer weniger vorgegeben und immer 
mehr dem „Betrachter" zu „tun" überlassen wird, gerade die „Bewahrer des 
Menschenbildes", wie es in dem schönen Katalog genannt wird, zum Teil in 
geringer Anzahl und zum anderen Teil mit schlechten Kräften vertreten waren. 
Warum ist etwa nichts von Andreas Urteil ausgestellt gewesen? [Nur weil er 
gestorben ist?) Warum sind Schweiger, Bottali und Coufal nicht, dafür aber 
Erich Unterweger und Erich Huber, Graz, dabei? Warum hing ein so 
schwacher Rotterdam und verschwand Cornelius Kalig fast gänzlich? 
Und damit kommen wir schon zur Aufstellung, für die Oswald Oberhuber 
verantwortlich zeichnet. Sowohl die Reihungen zur „Siegesallee" der 
Auffahrtsstraße als auch die Gruppierungen im Hof waren verunglückt. 
Lieblose Aufstellung, wie etwa die drei Steine Karl Prantls, die sich infolge 
des unebenen Hofbodens [eder in eine andere Richtung neigten, oder die 
begehbare Plastik Gsöllpointners, die niemand zu begehen wagte, weil sie 
mitten im Gras stand (dafür aber schön rat auf dem Grün wirkte, samit aber 
wieder nur zum Anschauen warl). Eine Ausstellung österreichischer Skulpturen, 
Plastiken, Obiekte, eine Präsentation der modernen österreichischen Strömungen, 
wie erfreulich und wünschenswert, aber nicht in dieser „ZufälligkeiW. 
Als dritte Trigon-Personale stellte man im KUNSTLERHAUS (GRAZ) vom 
4. Oktober bis 2. November 1970 den Mailänder Bruno Munari dem 
österreichischen Publikum vor. Mit der Gestaltung der Exposition hatte Skreiner 
Jörg Mayr betraut und damit einen guten Griff getan. Die rund 100 
Gegenstände wurden auf eine vorn Dach abgehängte, frei schwebende 
Konstruktion in der Längsachse des Raumes placiert. Eine kühle und 
übersichtliche Anordnung, wie sie den kühlen und strengen Obiekten Munaris 
entsprach. 
Der Künstler ist ein Bahnbrecher der zeitgenössischen Kunst. Schon 1933 
schuf er „Zweckfreie Maschinen" aus bemaltem Karton und dünnen Seidenfäden 
und 1935 veränderliche kinetische Strukturen. Aus den gezeigten Werken ging 
eindeutig die mehrschichtige Struktur des Künstlers hervor: hier Designer, 
Gestalter praktisch verwendbarer Dinge, wie Aschenbecher, Leuchtkärper, 
Speisewärmer u. ä., dort reine Graphiken, Lichtspiele, Plastiken, Dinge mit 
rein ästhetischem und spielerischem Wert. Es wird aber auch die 
Verschränkung der beiden Elemente einleuchtend, denn auch die 
Asdienbecher und Speisewärmer haben in ihren sparsamen Formen eine 
ästhetische Komponente, und mit den reinen Obiekten kann man hantieren, 
spielen, Entspannung finden. Bemerkenswert, mit welch einfachen Mitteln 
große Wirkungen erreicht werdenl 
In der GALERIE MOSER waren vom 4. bis 24. Oktober 1970 neue Ulbilder 
und Zeichnungen von Wolfgang Hollegha zu sehen. Diese Ausstellung 
wäre allein eine Reise zum „Steirischen Herbst" wert gewesen. Der 
österreichische Künstler, um den es seit einiger Zeit stiller geworden war, 
zeigte seine großformatigen Arbeiten. Die Farben in freiem Auftrag mit 
solcher Beherrschung auf die Fläche gesetzt, mit feinen Nuancierungen in sich, 
zu einem dynamischen Ganzen vereint, beweisen die ungebrochene Kraft 
Holleghas. Im allgemeinen sind die Gefüge diditer geworden. Besondere 
Leistungen stellen auch die außerordentlich großen Graphiken dar. Auch hier 
ist die Sicherheit einmalig, mit der die Hand, auch dort, wo es ersichtlich 
sehr schwungvoll und emotionell geschieht, den Strich zog. 
Die Räume der NEUEN GALERIE GRAZ beherbergten die Ergebnisse der 
fünften INTERNATIONALEN MALERWOCHEN AUF SCHLOSS RETZHOF. 
Diese Leistungsschau bestätigte einmal mehr, daß bei diesen Arbeitstreffen 
wesentliche Leistungen geschaffen werden und daß hier, trotz eines gegen- 
seitigen regen Meinungsaustausches und einer im Menschlichen verankerten 
Begegnung, ieder Künstler seine Persönlichkeit bewahrt und wesentlich Eigenes 
schafft. Aus den drei benachbarten Ländern waren von Italien Bruno Conte, 
Maurizio Nannucci und Giancarlo Zen, von Jugoslawien Petar Dabac, 
Metka Krasovec und Vladimir Velickovic, von Österreich Peter Blaas, Andrea 
Kovachich, Jorrit Tornquist und Robert Zeppel-Sperl gekommen, um in dem 
bei Leibnitz gelegenen Schloß für Wochen in Ruhe arbeiten zu können. 
Die besten Arbeiten hat in ieder Hinsicht der Jugoslawe Vladimir Veliökavit 
geboten. Die drei großen sdiwarzgrundigen Bilder, auf denen blau-weiße 
Figuren agieren, sind engagiert und doch künstlerisch packend, einfallsreich 
und doch sparsam. Hier werden Zeitbezüge mit wenigen Andeutungen, Skalen, 
Rastern hergestellt; der Mensch hängt drinnen wie in einem Netz, aus dem es 
kein Entrinnen gibt, ist festgebannt wie auf dem Fernsehschirm. Das ist 
eine neue Figuration, die mehr als Fleischbeschau ist, die zeitnah ist und unter 
50 
die Haul gehl. Besonders müßle man auch Tornquisl mit seinen gleichsam aus 
dem Laboralorium kommenden Farbweriigkeilsfrägern nennen. Ebenso isl 
der Beitrag des sleirischen Wieners Zeppel-Sperl originell. Er komm! aus der 
enlgegengesefzlen Ecke, sozusagen aus der drillen, und malt unbekümmerl 
seine Blumenmädchen und -knuben in eine landsdnafllicher gewordene 
Zeppel-Welf. Erstmals wurde auch ein Foiograf IU den Leibnilzer Wochen 
eingeladen, der Zagreber Pelar Dabac, dessen Milarbeil im Katalog auch zu 
erwähnen wäre. (Abb. 23-29). 
Alois V01 
BlLDTEXTE 23-29 
23 
24 
25 
26 
Snirisdier Herbsf 197D, Helmuih 
Gsöllpoininer, Begehbare Plastik, 1969. 
Harfsdiaumbeschichäeö 
Bruno Gironcali, 27 Siüdr Obiekle, 
1770. Gi s, Mafrafzen 
Bruno unari, Graphik ahgewandell 
der Name Munari 
Trigon-Personale Bruno Munurl 
27 lnlernalionale Malerwochen auf Sch 
Relxhaf, Bilder des lnnshrudcers P: 
Blaas 
28 Wolfgang Hollegha in der Gali 
Moser, Graz 
29 Internationale Malerwochen auf Srh 
Relzhcf, Bild von Vladirnir Veliökt 
(Jugoslawien)
	        
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