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Internationale Sammler-Zeitung.
Flammer 19,
hochherzigen Entschluß fafjte, ihr diese Sammlung zum
Geschenke zu machen. Die Passion für Erstdrucke löste
bei Wenzel die (Leidenschaft für Autographen ab und er
mar auch in diesem Belang oom Glück begünstigt. Jst seine
Sammlung auch umfänglich nicht sehr gro^, so meist sie
doch kein Stück auf, das unroichtig oder uninteressant märe.
Wir heben den schönen Brief Eessings an (Haler
lllüller heroor, dessen faksimile mir hier zum grofjen
Teile reproduzieren, (fig. 7)
Der Brief ist datiert Wo Iffenbüttel, den 24. niärz 1777
und füllt im Originale zroei Quartseiten.
„Ich habe mich in Weimar und Jena herum getrieben.
Zum Unglück hatte der Hat besuch, und ich mußte mich —
begaffen lassen, und mie man es nennt, mich Reimen lassen.
Die Orof3herzogin und die Großfürstin drückten sich über
Goethes Cntfernung bei der Tafel so nachdrücklich
aus, dafj ich schier in Verlegenheit gerieth, durch meine
G -genroarf diesen Äußerungen zur Veranlagung dienen zu
müssen. Goethe lacht zu der Sache, wie ich bemerkt zu
haben glaube. Er weiß, daß er nicht die Schmach danon-
getragen . . .
Wir begegnen in der Sammlung weiters Caoater,
Georg ITlelchior Kraus, Knebel, Kanzler lllüller, Charlotte
fig. 8. Christophine Schiller, Porträt ihrer Scheuester tlanette.
Goethe ist in der Sammlung mit manchem Pracht
stück oertreten. So finden mir z. B. folgende hübsche,
an die Gräfin Julie Egloffstein gerichteten Verse.
Julien.
freundlich toerden neue Stunden
Zu oergangenen sich gesellen
Blüten, Blumen mahl empfunden
Bleiben ! kukt Immortellen.
kroi0 D. 4. tan. 1819.
Da ist ein Gedicht ohne Datum und Unterschrift,
aber oon Eckermann als Goethe-Produkt beglaubigt.
Das Gedicht, das oermutlich ungedruckt ist, beginnt mit
den Worten:
Das Kleinod und Vergif3ineinnicht
Äls gegenwärtig — künftiges Glück
Sie kehren gern zu Dir zurück.
Sehr interessant sind auch die Briefe aus dem
Goethe-Kreise. So schreibt beispielsweise Adolf lllüller
unterm 22. Juni 17 . . an Hofrat Böttiger in Dresden:
Buff, „Werthers fotte“. Charlotte oon Stein, Oeser,
Seckendorff u. s. w. Besondere Erwähnung oerdient ein
Brief oon Elisabeth Türckheim, Goethes Eilli, da Briefe
oon ihrer Hand zu den grollten Seltenheiten gehören.
Selbst in Sammlungen wie Paar und Bauet war kein Brief
Eillis oorhanden. Seit der Auktion der Autographensammlung
llleyer Eohn ist es der erste Brief, der oon Tilli wieder
auf den Ularkt kommt.
Schiller und sein Kreis füllen im Katalog zehn
Seiten. Auf^er Briefen des Dichterfürsten an Körner,
Hufeland, Hofrat Joh. Christian Stark, Couise Brachmann u. a.
finden mir ein ungedrucktes JTlanuskript aus Tiesco.
Es ist beinahe die oollständige Szene aus dem
V- Akt VIII. Auftritt, welche Schiller im Jahre 1785 statt
der Szene zwischen Bertha und Baurgagnino einrückte.
Es ist Berthas lllonolog im Kerker.
Die Szene beginnt: