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Volltext: Monatszeitschrift IX (1906 / Heft 12)

 
Im XVII. Jahrhundert 
blühten auch die grotesken 
Spiele. Eines (1692) illu- 
strierte nicht weniger als 
die Art, bei Tische zu tran- 
chieren. Die Cmurkarten 
befaßten sich mit Fleisch, 
die Treffkarten mit Fisch, 
die Karo mit Geflügel und 
die Pique mit zubereiteten 
Gerichten. Dasahman denn, 
wie Herzkönig ein grandi- 
oses Beefsteak tranchierte, 
Treßkönig einen entzücken- 
Improvisierte Spielpartie. nach einer Lithographie von Boilly, aus dem den Hering' Karokönig 
Werke von Henry Düällemagne: Die Spielkarten vom XIV.bis xx. Jahr- einen majestätischen Indian 
hmde" undPiquekönigeine stilvolle 
Wildpastete. Im XVIII. Jahrhundert hörten die grotesken Kartenspiele 
auf; die Zeit war zu zierlich und preziös geworden, um an groben Spässen 
Gefallen zu finden. Das XIX. Jahrhundert brachte dann wieder sehr viele; 
zunächst, wie Verfasser sagt, in Wien. Cotta (Tübingen) gab 1810 ein Spiel 
mit Figuren aus der „Jungfrau" und „Wallenstein" heraus und in demselben 
Jahr ein zweites, der Königin Louise gewidmetes, als „Almanach de Cartes" 
in Form eines Büchleins von 52 Blatt mythologischen Inhalts. Frankreich 
fand bald Geschmack an solchem Scherz. Es kam da ein Jeu des Journaux 
(18 19), liberaler Tendenz, mit Porträten von Zeitungsmenschen, Bertin mit den 
„Debats" als Treffkönig und so weiter. Dann einJeu de cartes a rire de Thalie, 
mit Schauspielerrollen. Dann ein Hochzeitsspiel, wo die Notare die Buben dar- 
stellten (M. Ducontrat, M. Dossier und so weiter) und einJeu delaDotfürMitgift- 
jäger. Zwischen 1818 und 20 ist die goldene Zeit dieser Sorte. Das beste 
solche Spiel, wirklich mit graziöser Kunst durchgeführt, ist vom Oberst 
Athalin, I-IofbeamtenLouisPhilipps entworfen (Sammlung Graf Rochambeau). 
Der Urheber zeichnet sich selbst als Treffbuben. Jede Karte stellt eine voll- 
ständig instruierte Episode aus dem Leben des Helden vor (Charlemagne, 
Judith, Harlekin,Alexander, Kleopatra,Jacquemin Gringonneur, Cäsar, Rachel, 
Hektor). Kinderkarten in kleinem Format sind 1783 nachgewiesen. Sie waren 
bis 1810 nicht besteuert, aber die Mißbräuche zogen die abstempelnde Ver- 
geltung nach sich. Seit 1872 sind sogar schon die Neujahrs- und Phantasie- 
karten besteuert. In der Revolutionszeit kamen auch Frage- und Antwort- 
karten auf. Für 1762 sind schon Dominokarten nachgewiesen. 
Die administrative Seite des Spielkartenwesens, ebenso die Fabrikation 
als solche kann hier wohlbeiseite bleiben. Verfasser behandelt sie in absoluter 
Ausführlichkeit. Dieses Gebiet ist weitläufig genug, denn da ist alles, aber 
auch schon alles reglementiert. Die Enveloppen sind schon eine sammelbare
	        
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