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Volltext: Jahrgang 1 (1909) (1.1909,4)

Internationale 
Zentralblatt für Sammler, Oebhaber und Kunstfreunde. 
Herausgeber: Norbert Ehrlich und J. Hans Prosl. 
I. Jahrgang. 
Wien, 15. märz 1909. 
Hummer 4. 
Aus äen Erinnerungen eines Waffensammlers. 
Von Hans Graf Wil czek, 
Geheimer Rat, JTUtglicd des Herrenhauses etc., Wien. 
nmeln roar uon jeher meine Leidenschaft. Schon 
als Kind touren mir die historischen Helden 
gestalten, oor allem Kaiser JTlaximilian I., 
Herzensheilige und jeder Gegenstand, den sie, 
roie ich mir dachte, uielleichf gesehen oder gar 
berührt haben konnten, roar mir ebenso oer- 
ehrungsroürdig roie eine heilige Reliquie. So 
begann ich schon oor mehr als einem halben 
Jahrhundert zu sammeln, ganz im stillen, hinter 
dem Rücken meiner Eltern, allein, ohne An 
leitung, ohne Gedankenaustausch und ohne Stu- 
ich erst als gereifter ITlann, oon manigfachen 
in Anspruch genommen, nur nebensächlich 
betreiben konnte. 
Wohlwollende Anerkennung und Aufmunterung fanden 
meine Bestrebungen in freundeskreisen. Zu roeit ging aber 
einer meiner liebenswürdigen freunde, der gelegentlich in 
Kreuzenstein äußerte, er roundere sich nicht, so oiele 
Schäle in der Burg angehäuft zu sehen, da ich sogar 
unter der afrikanischen Sonne und im Polareis, hoch oben 
im Luftballon und in den Tiefen des JTleeres gesammelt 
habe. Ich bin allerdings oiel herumgereist. Unter der 
afrikanischen Sonne oersuchfe ich mein Glück in Algier. 
Zweimal, 1868 und 1869, brachte ich den Winter im 
Atlas zu, um Löroen oon der langmähnigen Art Rord- 
afrikas zu schienen, welche oon der unter dem Äquator 
lebenden oerschieden ist. Aber fraßdem ich fast jede Rächt 
am Anstande war, begegnete ich keinen; meine freunde, 
die Löroenjäger Chassain und Bombonell, hatten sie schon 
selten gemacht. Ich mißte meinen Aufenthalt dahin aus, 
die herrlichen, damals fast noch unbekannten Ruinen zu 
besuchen, deren schönste Tebessa roar. 
Professor Rokitansky hatte mich gebeten, ihm wo 
möglich einige Schädel einer früh ausgestorbenen Semiten 
rasse mitzubringen. Da er mir die Lage der Begräbnis 
stätten sehr genau beschrieben hatte, fiel es mir nicht 
schwer, sie zu finden, und ich ging eines Tages mit 
meinem freunde und Begleiter, dem 1906 oerstorbenen 
Wiener ITlaler Schrödl, daran, sie zu öffnen. Kliffen in 
der schwierigen Arbeit hörten wir eine Karawane kommen, 
die knapp an uns oorüberziehen mufjte. Ein Entrinnen 
roar unmöglich. Wir oerbargen uns also in den geöffneten 
Gräbern mit dem Bewußtsein, daß uns die Araber tod 
schlügen, falls sie uns beim Leichenraub entdeckten. Zu 
unserem großen Enfseßen lagerten sie eine Zeitlang ganz 
in unserer Rahe. Die Stunde, welche mir in dieser Nach 
barschaft zubrachten, war eine meiner aufgeregtesten, 
denn wenn wir auch unser Leben teuer uerkauff hätten, 
wären wir doch der großen Übermacht erlegen. Endlich 
zogen sie weiter, ohne uns bemerkt zu haben. Als die 
Luft rein roar, nahmen wir zwei Schädel als schwer er 
kaufte kraneologische Beute mit uns und brachten sie 
glücklich nach Wien. 
Es ist auch wahr, daß ich einmal eine fahrt tief 
unter die Oberfläche des Rleeresspiegels in der Hoffnung 
unternahm, irgendein interessantes Stück für meine Samm 
lung zu finden, roie es in jüngster Zeit den Griechen in 
Antikythera gelang. Ich feind aber nichts, obgleich oiel 
Eisen und Bronze da roar. Rie werde ich den Anblick 
oergessen, den geisterhaften Anblick der schwarzen flotte, 
welche die Russen im Jahre 1852 oor der Einfahrt in 
den Hafen oon Sebastopol oersenkf hatten, um den Alli 
ierten das Eindringen zu oerroehren. Übrigens roar es 
ziemlich ungemütlich. Der Apparat roar alt und schlecht, 
die Luftpumpe funktionierte auf meinem Kopfe roie der 
Hammer am Amboß und zwei ITlenschen waren darin 
schon umgekammen. In Sebastopol sah man damals nicht 
auf solche Kleinigkeiten. 
Zu Anfang der sechziger Jahre des oorigen Jahr 
hunderts wandten sich heroorragende Archäologen den 
anthropologischen und prähistorischen Studien zu. Unter, 
den Wiener Gelehrten roar es insbesondere Hofrat Don 
Hochstetter, welcher sich neben seinen geologischen 
Arbeiten auch für die Pfahlbaufunde lebhaft interessierte. 
Seiner Ansicht nach reichten die Pfahlbauansiedlungen in 
Europa nicht nördlicher als bis zu den Seen Oberitaliens 
und der Schweiz. Ich hatte in jungen Jahren lange an 
den Seen des Salzkammergutes gemahnt und liebte sie 
innig, insbesondere den Attersee. Oft hatte ich an seinen 
Ufern gewühlt und manches Ding gefunden, das mir so 
primitio roie ein Pfahlbauerzeugnis oorkam. Olein freund, 
der nachmalige minister Graf Gundaker Wurmbrand 
und ich waren nun so kühn zu behaupten, daß im Altersee 
ein Pfahlbau gestanden haben müsse, und ließen einen
	        
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