MAK
Nr. 3 
INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG 
Seite 27 
Gebrauchsgefäße, denen man gerne einen rechtecki 
gen, vierseitigen Körper gab, damit sie ohne Platz 
vergeudung eng nebeneinandergestellt, mitunter wohl 
auch in einen rechteckigen Kasten eingesetzt werden 
konnten. Zu dieser Art gehören auch die sogenann 
ten Mercurflaschen, Oelgefäße, auf deren Boden als 
Werkmarke die Figur Mercurius, dazu die Anfangs 
buchstaben des Fabrikantennamens leicht erhaben 
erscheinen. Das in der Sammlung vorhandene Exem 
plar zeichnet sich durch eine wundervolle zarte blau 
schimmernde Iris aus. 
Die eckige Form kehrt für Flacons auch häufig 
unter den Gläsern der frühislamischen Zeit wieder, 
die überhaupt das Fortleben der antiken Techniken 
in das Mittelalter hinein uns darstellen. 
Nicht nur zur Herstellung von Gefäßen diente 
das Glas, auch allerlei Zierate und Schmucksachen 
wurden aus ihnen gefertigt. Da sehen wir Fragmente 
von Belagplatten, bei denen aus einer hellen Ueber 
fangschicht nach Art der Kameen Figuren ausge 
schnitten sind, die sich wirkungsvoll von dem dun 
klen Grunde abheben. Es ist die bei der berühmten 
Portlandvase des Britischen Museums und einigen 
verwandten Stücken angewendete Technik. Ihre 
Nachahmung durch Guß zeigt ein feines Plättchen, 
das in einem Bilde die verschiedenen Methoden 
der Alten zur Erforschung des Willens der Götter 
und Ergründung der Zukunft vereint. Hervorgehoben 
seien ferner die beiden großen Fingerringe helleni 
stischer Zeit, deren einer, zum Siegeln bestimmt, die 
bemerkenswerte Darstellung der Wölfin mit den 
römischen Zwillingen trägt. Auch auf die stattliche 
Sammlung von Schmuckperlen aus vielen Jahrhun 
derten, von sehr mannigfaltiger Herstellung und 
Form sei kurz hingewiesen. Manche zeigen wieder 
die Mosaiktechnik, wie die Millefiorigläser. Auch 
Zierplättchen für Geräte wurden in dieser Art gefer 
tigt, Das große Zentrum für diese Erzeugnisse war 
wiederum Aegypten. Sie hatten eine weite Verbrei 
tung. So ist ein ergiebiger Fundplatz für die Perlen 
Südrußland. Sie gelangten aber auch nach den Ost- 
seeländern und Norddeutschland. 
Zum Schluß noch ein Wort über die Werke anti 
ker Keramik, Arbeiten der schwarzfigurigen atti 
schen und der rotfigurigen attischen und unteritalisch 
griechischen Gefäßmalerei sind vorhanden, dazu 
jüngere aus der früheren hellenistischen Zeit und 
Vertreter der römischen Ware des Rheinlandes. 
Zwei Gefäße seien hier hervorgehoben. Das eine, 
bauchig, mit wagrechten Henkeln, ein sogenannter 
Stamnos ist mit Bildern aus der Heldensage, die dem 
Ende des strengen rotfigurigen attischen Stiles an 
gehören, geschmückt. Auf der einen Seite sehen wir 
Herakles im Kampfe gegen die Hydra, auf der an 
dern wohl Alkathoos, den megarischen Helden, der 
den Löwen im Kithairon erlegt. Das andere Stück, 
ein rotfiguriger Kelchkrater lukanischer Art aus der 
ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts v. Chr,, zeigt in 
sorgfältiger Zeichnung die Schmückung eines sieg 
reichen Reiters und seines Pferdes, Die Darstellung 
ist namentlich auch dadurch bemerkenswert, daß in 
ihr Motive tarentinischer Münzbilder wiederkehren. 
Verkauf der Sammlung figdor. 
Die weltberühmte Sammlung des verstorbenen 
Dr. Albert Figdor hat ihren Besitzer gewechselt. 
Als nomineller neuer Eigentümer erscheint der 
Kunsthändler Gustav N e b e h a y, der erst voi 
einigen Monaten von Wien nach Berlin übersiedelt 
ist. Hinter Herrn Nebehay steht ein etwa zehn 
köpfiges Konsortium, das in der Hauptsache aus 
holländischen und italienischen Kunsthändlern sich 
zusammensetzt, dem aber auch deutsche Kunst 
händler angehören. Der Kaufpreis entspricht dem 
ungeheuren Werte der Sammlung; er beträgt nicht 
weniger als drei Millionen Dollar. Ein 
Drittel dieser Summe ist sofort bei Vertragsabschluß 
erlegt worden, die zwei anderen Drittel sind in zwei 
gleichen Raten innerhalb Jahresfrist an die Vorbe 
sitzerin, die Universalerbin Figdors, seine Nichte 
Frau Margarete Walz, die Gattin des Altbürger 
meisters von Heidelberg, Dr. Alfred Walz, zu 
zahlen. 
Die Verkaufsverhandlungen reichen lange zu 
rück. Schon bald nach dem im Februar 1927 er 
folgten Ableben des Dr. Figdor bemühte sich Frau 
Dr. Walz, die Sammlung, die Dr. Figdor bei Leb 
zeiten dem kunsthistorischen Museum unter der Be 
dingung überlassen wollte, daß sie in einem nach 
ihm benannten Zimmer des Institutes untergebracht 
werde, von diesem aber mit der sonderbaren Be 
gründung abgelehnt wurde, daß es nicht gut angehe, 
in einem kaiserlichen Museum ein Zimmer nach 
einem Privatmanne zu benennen, nach Heidelberg 
auszuführen oder in Oesterreich zu verkaufen. Der 
ersteren Absicht stand das im Jahre 1923 geschaf 
fene Denkmalschutzgesetz entgegen, welches die 
Ausfuhr von Sammlungen, die geschichtliches, künst 
lerisches oder kulturelles Interesse besitzen, ver 
bietet; die Absicht, die Sammlung in Oesterreich zu 
verkaufen, scheiterte daran, daß sich hier niemand 
fand, der eine Sammlung von vielfachem Milliarden 
wert zu erwerben imstande wäre. Die Stadt Wien 
hätte sich allerdings den Luxus leisten können, die 
Sammlung anzukaufen, allein sie trat mit keinem 
Anbot hervor. Inoffiziell machte der Kunstberater 
der Gemeinde, Hofrat Dr. L e i s c h i n g, Andeu 
tungen, daß die Stadt Wien die Sammlung erwerben 
würde, wenn sie zu einem annehmbaren Preis zu 
haben wäre. Er nannte dabei auch eine fünfstellige 
Ziffer, die jedoch im Vergleich zu den amerikani 
schen Anboten so niedrig war, daß sie keine Grund 
lage zu Verhandlungen bieten konnte. Die Herren 
im Rathause mögen sich im Stillen gedacht haben, 
daß Frau Walz, die die Sammlung nicht ausführen 
dürfe, auf die Dauer müde werden würde, den Dra 
chen zu spielen, der den Schatz behütet und daß 
der Stadt Wien die Sammlung früher oder später 
billig zufallen würde. Frau Walz, die auch sonst 
wohlhabend und ein ungeheures Vermögen von 
ihrem Oheim geerbt hat, ließ sich nicht kirre ma 
chen, In der ersten Rage packte sie die Sammlung 
in Kisten und Koffer zusammen, und bezeigte nicht 
übel Lust, irgendwo in Oesterreich ein Gut zu kau 
fen, und dort die Sammlung unterzubringen. Bei 
ruhigerer Ueberlegung ließ sie aber die Absicht 
fallen. Wohl hätte Wien von der Sammlung in die 
sem Falle nichts, aber sie wäre gezwungen, sich aufs 
Land zu verbannen und dort den Schatz zu hüten; 
es hätte sich also an der Sache im Wesen nichts ge 
ändert. 
Frau Walz leigte sich nun aufs Verhandeln. Sie 
knüpfte an die Propositionen ihres verstorbenen 
Oheims an, der schon in den letzten Lebensjahren 
durch Hingabe einer Reihe von wertvollen Objekten 
aus seiner Sammlung die Freigabe derselben er-
	        
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