Nr. 3
INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG
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Gebrauchsgefäße, denen man gerne einen rechtecki
gen, vierseitigen Körper gab, damit sie ohne Platz
vergeudung eng nebeneinandergestellt, mitunter wohl
auch in einen rechteckigen Kasten eingesetzt werden
konnten. Zu dieser Art gehören auch die sogenann
ten Mercurflaschen, Oelgefäße, auf deren Boden als
Werkmarke die Figur Mercurius, dazu die Anfangs
buchstaben des Fabrikantennamens leicht erhaben
erscheinen. Das in der Sammlung vorhandene Exem
plar zeichnet sich durch eine wundervolle zarte blau
schimmernde Iris aus.
Die eckige Form kehrt für Flacons auch häufig
unter den Gläsern der frühislamischen Zeit wieder,
die überhaupt das Fortleben der antiken Techniken
in das Mittelalter hinein uns darstellen.
Nicht nur zur Herstellung von Gefäßen diente
das Glas, auch allerlei Zierate und Schmucksachen
wurden aus ihnen gefertigt. Da sehen wir Fragmente
von Belagplatten, bei denen aus einer hellen Ueber
fangschicht nach Art der Kameen Figuren ausge
schnitten sind, die sich wirkungsvoll von dem dun
klen Grunde abheben. Es ist die bei der berühmten
Portlandvase des Britischen Museums und einigen
verwandten Stücken angewendete Technik. Ihre
Nachahmung durch Guß zeigt ein feines Plättchen,
das in einem Bilde die verschiedenen Methoden
der Alten zur Erforschung des Willens der Götter
und Ergründung der Zukunft vereint. Hervorgehoben
seien ferner die beiden großen Fingerringe helleni
stischer Zeit, deren einer, zum Siegeln bestimmt, die
bemerkenswerte Darstellung der Wölfin mit den
römischen Zwillingen trägt. Auch auf die stattliche
Sammlung von Schmuckperlen aus vielen Jahrhun
derten, von sehr mannigfaltiger Herstellung und
Form sei kurz hingewiesen. Manche zeigen wieder
die Mosaiktechnik, wie die Millefiorigläser. Auch
Zierplättchen für Geräte wurden in dieser Art gefer
tigt, Das große Zentrum für diese Erzeugnisse war
wiederum Aegypten. Sie hatten eine weite Verbrei
tung. So ist ein ergiebiger Fundplatz für die Perlen
Südrußland. Sie gelangten aber auch nach den Ost-
seeländern und Norddeutschland.
Zum Schluß noch ein Wort über die Werke anti
ker Keramik, Arbeiten der schwarzfigurigen atti
schen und der rotfigurigen attischen und unteritalisch
griechischen Gefäßmalerei sind vorhanden, dazu
jüngere aus der früheren hellenistischen Zeit und
Vertreter der römischen Ware des Rheinlandes.
Zwei Gefäße seien hier hervorgehoben. Das eine,
bauchig, mit wagrechten Henkeln, ein sogenannter
Stamnos ist mit Bildern aus der Heldensage, die dem
Ende des strengen rotfigurigen attischen Stiles an
gehören, geschmückt. Auf der einen Seite sehen wir
Herakles im Kampfe gegen die Hydra, auf der an
dern wohl Alkathoos, den megarischen Helden, der
den Löwen im Kithairon erlegt. Das andere Stück,
ein rotfiguriger Kelchkrater lukanischer Art aus der
ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts v. Chr,, zeigt in
sorgfältiger Zeichnung die Schmückung eines sieg
reichen Reiters und seines Pferdes, Die Darstellung
ist namentlich auch dadurch bemerkenswert, daß in
ihr Motive tarentinischer Münzbilder wiederkehren.
Verkauf der Sammlung figdor.
Die weltberühmte Sammlung des verstorbenen
Dr. Albert Figdor hat ihren Besitzer gewechselt.
Als nomineller neuer Eigentümer erscheint der
Kunsthändler Gustav N e b e h a y, der erst voi
einigen Monaten von Wien nach Berlin übersiedelt
ist. Hinter Herrn Nebehay steht ein etwa zehn
köpfiges Konsortium, das in der Hauptsache aus
holländischen und italienischen Kunsthändlern sich
zusammensetzt, dem aber auch deutsche Kunst
händler angehören. Der Kaufpreis entspricht dem
ungeheuren Werte der Sammlung; er beträgt nicht
weniger als drei Millionen Dollar. Ein
Drittel dieser Summe ist sofort bei Vertragsabschluß
erlegt worden, die zwei anderen Drittel sind in zwei
gleichen Raten innerhalb Jahresfrist an die Vorbe
sitzerin, die Universalerbin Figdors, seine Nichte
Frau Margarete Walz, die Gattin des Altbürger
meisters von Heidelberg, Dr. Alfred Walz, zu
zahlen.
Die Verkaufsverhandlungen reichen lange zu
rück. Schon bald nach dem im Februar 1927 er
folgten Ableben des Dr. Figdor bemühte sich Frau
Dr. Walz, die Sammlung, die Dr. Figdor bei Leb
zeiten dem kunsthistorischen Museum unter der Be
dingung überlassen wollte, daß sie in einem nach
ihm benannten Zimmer des Institutes untergebracht
werde, von diesem aber mit der sonderbaren Be
gründung abgelehnt wurde, daß es nicht gut angehe,
in einem kaiserlichen Museum ein Zimmer nach
einem Privatmanne zu benennen, nach Heidelberg
auszuführen oder in Oesterreich zu verkaufen. Der
ersteren Absicht stand das im Jahre 1923 geschaf
fene Denkmalschutzgesetz entgegen, welches die
Ausfuhr von Sammlungen, die geschichtliches, künst
lerisches oder kulturelles Interesse besitzen, ver
bietet; die Absicht, die Sammlung in Oesterreich zu
verkaufen, scheiterte daran, daß sich hier niemand
fand, der eine Sammlung von vielfachem Milliarden
wert zu erwerben imstande wäre. Die Stadt Wien
hätte sich allerdings den Luxus leisten können, die
Sammlung anzukaufen, allein sie trat mit keinem
Anbot hervor. Inoffiziell machte der Kunstberater
der Gemeinde, Hofrat Dr. L e i s c h i n g, Andeu
tungen, daß die Stadt Wien die Sammlung erwerben
würde, wenn sie zu einem annehmbaren Preis zu
haben wäre. Er nannte dabei auch eine fünfstellige
Ziffer, die jedoch im Vergleich zu den amerikani
schen Anboten so niedrig war, daß sie keine Grund
lage zu Verhandlungen bieten konnte. Die Herren
im Rathause mögen sich im Stillen gedacht haben,
daß Frau Walz, die die Sammlung nicht ausführen
dürfe, auf die Dauer müde werden würde, den Dra
chen zu spielen, der den Schatz behütet und daß
der Stadt Wien die Sammlung früher oder später
billig zufallen würde. Frau Walz, die auch sonst
wohlhabend und ein ungeheures Vermögen von
ihrem Oheim geerbt hat, ließ sich nicht kirre ma
chen, In der ersten Rage packte sie die Sammlung
in Kisten und Koffer zusammen, und bezeigte nicht
übel Lust, irgendwo in Oesterreich ein Gut zu kau
fen, und dort die Sammlung unterzubringen. Bei
ruhigerer Ueberlegung ließ sie aber die Absicht
fallen. Wohl hätte Wien von der Sammlung in die
sem Falle nichts, aber sie wäre gezwungen, sich aufs
Land zu verbannen und dort den Schatz zu hüten;
es hätte sich also an der Sache im Wesen nichts ge
ändert.
Frau Walz leigte sich nun aufs Verhandeln. Sie
knüpfte an die Propositionen ihres verstorbenen
Oheims an, der schon in den letzten Lebensjahren
durch Hingabe einer Reihe von wertvollen Objekten
aus seiner Sammlung die Freigabe derselben er-