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INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG
Nr. 2
Zu den wertvollsten Stücken des Schatzes zählt
das sogenannte große Kuppelreliquiar. Es
ist ein 46 Zentimeter hohes, 40 Zentimeter breites
Kästchen rheinischer Arbeit aus dem zwölften Jahr
hundert, und hat die Gestalt einer in Kreuzform an
gelegten Kirche mit einer Mittelkuppel. Der Unter
bau und die Kuppel sind durch Arkaden in Nischen
geteilt, in deren jeder eine Figur aus Walroßzahn
steht oder sitzt. Die Kuppel wölbt sich mit je
einem Wulst über je eine Kuppelnische. Jeder die
ser Wülste, jede Säule, jedes Giebelfeld, jede Nische
weist ein anderes farbenprächtiges Ornamentmuster
in aufgelegter Emailarbeit auf, die Wände selbst sind
aus vergoldetem Kupferblech, die ein Holzkästchen
verkleiden. Das Ganze ruht auf sitzenden Greifen.
Dieses Kästchen soll bis zum Jahre 1482 einen Teil
des Hauptes des heiligen Gregorius enthalten
haben, von dem sich auch ein Teil in der Wiener
Stephanskirche befindet.
Ein ähnlich kostbares Stück ist der Schrein-
a 11 a r des E i 1 b e r t u s mit der ungemein sel
tenen Signatur des Kölner Meisters „Eilbertus Co-
loniensis me fecit“. Der Schrein ist mit emaillierten
Kupferplatten belegt und trägt an den Seitenflächen
18 bunte Emailbildchen der Propheten Daniel,
Ezechiel, David, Isaias, Jeremias, Salomon, Jakob,
Zacharias und anderer. Die Deckelfläche aber trägt
zwölf Emailbildchen der Apostel, acht Bildchen des
Lebens Christi und in der Mitte, von einem großen
Plättchen undurchsichtigen Bergkristalls überdeckt,
auf Pergament gemalt, Christus als Richter der Welt,
in der Rechten das Buch des Lebens, die Linke
segnend erhoben,
Auch von den Gertruden ist ein Schrein da,
aber kostbarer ist das Gertrudenkreuz, das
an Pracht und Wert nur von dem Weifenkreuz über- 1
troffen wird. Das Weifenkreuz selbst besteht
aus Gold, Email, Edelsteinen und Perlen, und ruht
auf einem figuralen Sockel. Es stammt aus dem
zwölften Jahrhundert und birgt Knochenteilchen von
Petrus, Sebastian, dem Evangelisten Mar
kus und einem anderen Heiligen. Der Gekreuzigte
ist von drei Köpfen umgeben; rechts Maria, links
Johannes und über dem Haupte Christi, an der
Stelle, wo sonst nur Gottvater dargestellt wird, ein
junges Männerhaupt, über dessen Bedeutung man
sich nicht im klaren ist. Eine besondere Reliquie
enthält der goldene Buchdeckel eines Pergament
kodex aus dem 13. Jahrhundert: zwei Splitter
vom Kreuze, in Kreuzform aufgelegt, ringsum
Miniaturen unter Bergkristall.
Eine kleine Herme mit Reliquien des heiligen
Blasius, den sie darstellt, verweist noch auf die
ursprünglichen Hüter und Eigentümer des ganzen
Weifenschatzes. Heinrich der Löwe hat nämlich in
Braunschweig die Blasiuskirche erbauen lassen und
dort den Schatz zunächst aufbewahrt. Otto IV.
soll dann ein Testament gemacht haben, worin er
den Weifenschatz ,,Gött und dem Heiligen Blasius“
vermachte, so daß der Schatz nun eigentlich Eigen
tum der Kirche gewesen wäre und bis heute hätte
bleiben können. Dieses Testament geriet jedoch in
Vergessenheit und die Welfen erbten den Schatz
untereinander als Krongut fort. Im Anfang des
19. Jahrhunderts kam er in das neugegründete
Weifenmuseum. Nach dem Kriege von 1866 aber,
als Preußen die Welfen absetzte und ihre Krongüter
einzog, beließ man dem Welf engeschlecht den
Schatz als Familiengut, und um zu vermeiden, daß
er nicht schließlich doch als Krongut erklärt und
eingezogen werde, brachten ihn die Besitzer in das
Penzinger Schloß nach Wien,
Das Weltmuseum
Von Dr, A. Ruppel, Direktor des
Um das Jahr 1445 geschah zu Mainz am Rhein
eine welthistorische Tat, die berufen war, das Ange
sicht der Erde zu verändern. Das große Ereignis be
stand in der unscheinbaren Tatsache, daß der Main
zer Bürger Johann Gensfleisch, genannt Gutenberg,
die Kunst erfand, mit beweglichen, gegossenen Me
tallbuchstaben die Handschriften, die bisher nur
wenigen zugänglich waren, mit unheimlicher Schnel
ligkeit und in schier unbegrenzter Zahl zu verviel
fältigen und so das Wissen der Welt zum Allgemein
gut der Menschheit zu machen. Nicht erst die Ent
deckung Amerikas (1492) oder die noch spätere
Reformation (1517) leiteten die neue Zeit ein — denn
beide Ereignisse hatten nur für einen Teil der Welt
und auch nur für Teilgebiete des kulturellen und
wirtschaftlichen Lebens Bedeutung. Die Quelle, aus
der das gesamte Leben der Neuzeit in der ganzen
Welt Befruchtung und Nahrung erhielt, war die
Buchdruckerkunst. Gutenbergs Erfindung ist es ge
wesen, die das Gesicht der Neuzeit formte und auf
die Entwicklung aller Gebiete des menschlichen
Lebens den entscheidenden Einfluß ausübte: auf
Denken und Sein, Wissenschaft und Kunst, Wirt
schaft und Technik. Wenn irgend ein Mensch ver
dient, Vater der Neuzeit zu heißen, so ist es weder
Christoph Kolumbus noch Martin Luther, sondern
Johannes Gutenberg; denn nur diesem gottbegnade
ten Genie wird der Fortschritt verdankt, der die
der Druckkunst.
Gutenberg-Museums in Mainz.
Neuzeit von dem Mittelalter scheidet. Wir mögen
uns dessen bewußt sein oder nicht: wir alle wären
nicht, was wir sind, ohne die alles beherrschende
Tat des großen Meisters,
Die Welt weiß es, was sie diesem Manne schul
det; sie hat daher keine schickliche Gelegenheit vor
übergehen lassen, ohne ihm dankbar zu huldigen: sie
errichtete ihm zahlreiche Denkmäler, erinnerte sich
1640, 1740 und 1840 in herrlichen Jahrhundertfesten
an die Größe seiner Erfindung, feierte in nie gesehe
ner Pracht im Jahre 1900 seinen 500. Geburtstag und
wird in zehn Jahren bei der Halbjahrtausendfeier
der Druckkunst (1940) diesem großen Wohltäter der
Menschheit keine geringere Huldigung darbringen.
Als lebendiges Erinnerungsmal an den unsterb
lichen Meister wurde im Jahre 1900 in Mainz das
Gutenberg-Museum gegründet, dessen Zweck es ist,
alles, was für die Erfindung Gutenbergs Zeugnis ab
legt, aber auch alles, was die Geschichte der gesam
ten Druckkunst in allen Kulturländern der Erde , be
trifft, zu sammeln, zu sichten, zu bearbeiten, auszu
stellen und in wissenschaftlichen Veröffentlichungen
weitesten Kreisen bekanntzugeben.
Das Programm des Gutenberg-Museums war seit
der Gründung international. Sein Sammel- und
Arbeitsgebiet beschränkt sich also nicht auf Guten
berg allein, sondern auf alle Drucker der Welt; nicht
auf einzelne Länder, sondern auf alle Länder der