Internationale
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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde
Herausgeber: Norbert Ehrlich
23. Jahrgang Wien, 15. August 1931 Nr. 16
bewegbare Wandmalerei *
Von Max Roden (Wien).
Vor einigen Jahren noch konnte Faistauer, der
inzwischen Verstorbene, sagen, das Tafelbild habe
vor dem Fresko den wesentlichen Vorzug der Be
weglichkeit voraus, und er legte damit eine Situation
fest, die über weite Zeitstrecken Geltung gehabt
hatte. Schon ein Lust rum aber nach seiner großge
arteten Freskoschöpfung im Salzburger Festspielhaus
ist, für die kommenden Epochen, die Wandlung er
folgt: das neue Fresko ist bewegbar. Und es ist nicht
ohne Zusammenhang mit dem neuösterreichischen
Freskenmaler großen Formats, der Faistauer war,
und; dem auch St. Peter und die in nächster Nähe
Salzburgs gelegene Morzger Kirche die erwünschte
Gelegenheit boten, sich als den zeitgemäßen Fort
führer der österreichischen Vergangenheit zu geben,
daß das neue Fresko von Salzburg aus seinen Weg
nimmt. Vom unmittelbaren Zusammenhang wird noch
gesprochen werden, vom mittelbaren zu reden er
scheint nahezu überflüssig, Salzburg, die wundervolle
Stadt, gehört, auch in Beziehung auf die Werke der
bildenden Kunst, dem Norden und dem Süden an;
tief ins Deutsche reicht das Italienische hinein. Die
Straße spielt die südlichere Rolle; das Haus öffnet
sich ihr bereitwilliger; seine Mauern tragen frohen
Sinnes farbige bildhafte Darstellungen, Vor zwei
hundert Jahren schuf Ebner die Fresken der „Pferde
schwemme“; sie sind Ausdruck einer andern Zeit
und eines gesonderten Gefühls, Zeugen jedoch des
gleichen Geistes.
Salzburg, die Festspielstadt, ist der rechte Boden
für die Vorführung der bewegbaren, der versend
baren Wandmalerei, In diesen Tagen, wo sich an
diesem Ort Menschen der fünf Kontinente zusam
menfinden, musische Menschen, ist die Weltpremiere
des neuen Freskos zeitgerecht. Der Platz, wo eine
Werkgemeinschaft bedeutender Maier das in diesem
Sommer Geschaffene ausstellt, ist der an der Mönch
bergstiege gelegene Teil des Festspielhauses, der die
Offene Reitschule heißt. Reinhardt führt hier, unter
freiem Himmel, den „Diener zweier Herren“ auf.
Natur und Kunst in einem sind die Felsarkaden, die,
Werk des frühen 17, Jahrhunderts, zwei Seiten des
Hofes umziehen. Die andern zwei begrenzen die von
Holzmeister erneuerten Räume des nunmehrigen
Festspielhauses. Unterhalb der Arkaden und an der
anschließenden Außenmauer des Stadtsaales sind, in
* Der geschätzte Verfasser stellt uns in liebenswürdiger
Weise den Vortrag zur Verfügung, den er am 7, August im
Wiener Rundfunk gehalten hat.
diesem Monat August, die Fresken angebracht. Hier
haben sie nicht nur sinngemäß zu wirken, sie müssen
in Luft und Senne und Regen und Sturm eine Dauer
haftigkeit erweisen, die sich allerdings nur auf wenige
Wochen erstreckt, die aber auch in Schnee und Eis
zu bestehen hat und die für Jahrtausende wird Gel
tung haben müssen.
Bewegbare Wandmalerei, das ist anscheinend
ein Widerspruch, Er löst sich dein, der von der neu
en Form erfährt, die der Salzburger Maler Albert
Urban dem Fresko gegeben hat, unterstützt von Her
mann Dietrich von den Duroma-Edelputz-Werken in
Grödig bei Salzburg. Bisher war das Fresko, und es
war seines Daseins Wesen, upd es .war schöner Vor
zug und betrübender Mangel zugleich, an die Stätte
des Entstehens gebunden. Nun ist es freizügig ge
worden, ist von der Hinterlage gelöst und ihr den
noch so sehr verbunden, daß sie in inniger Sehnsucht
nach einander verlangen. Nun ist keine Wand der
Welt einem. Maler unerreichbar, das Wort von der
Entfernung, die kein Hindernis kennt, ist wieder ein
mal wahr geworden, es hat die neue Beziehung in
der neuen Kunstübung der Wandmalerei gefunden,
und im Atelier irgend eines Erdenwinkels kann für
jeden erdenklichen Ort, für alle Anlässe und für
jeden Zweck ein regelrechtes Wandbild geschaffen
werden, das, ohne Gefahr für die künstlerische Ar
beit, über beliebig weite Strecken befördert, das der
fernen und der fernsten Mauer eingefügt werden
kann. Es sei, da alles erwähnt sein will, nicht als
eine Geringschätzung künstlerischen Gehaltes oder
Wertes empfunden, wenn die Möglichkeit zugegeben
wird, in Zukunft soundsoviele Quadratmeter Fresken
für den Markt des Inlands oder für den Export be
reitzustellen, Der Gefahr der Merkantilität ist leicht
zu begegnen: die Qualität hat gewahrt zu sein.
Eine andere Gefahr auch ist gebannt. Die Ab
sonderung des Freskos von der Wand läßt es gesund
bleiben und längstlebig sein; es ist vor dem chemi
schen Tod gefeit; isolierbar, unvergleichlich besser
als einst durch eine Pechlage, bleibt es von Durch
feuchtung und Zersetzung frei. Das alles gehört zur
Urbanschen Erfindung, die auf eine A.eußerung Faist
auers zurückgeführt werden kann. Hatte dieser, in
seiner Abhandlung über das Fresko, den Wunsch des
Schaffenden, mit dem Bildwerk lange zu dauern, als
die Ursache angegeben, die ihn das Tafelbild statt
des Freskos malen lasse, so ist nun, mit der gesicher
ten Existenz des Freskos, die lange Dauer gewähr-