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INTERNATIONALE SAMMLER-ZEITUNG
' Nr. 11/12
Versteigerung der Sammlung C % van de JSergh.
Man schreibt uns aus Amsterdam:
Am 5. und 6, November bringen Paul Graupe
(Berlin) und Mak van Waay die Sammlung L. van
de B e r g h zur Auflösung.
Das hervorragendste Stück dieser weit über
Holland hinaus bekannten Sammlung ist das Porträt
der Mechteld van Doorn von Rembrandt, das
fast in der gesamten Rembrandt-Literatur entspre
chend gewürdigt ist und noch vor ganz kurzer Zeit
auf der Weltausstellung in Brüssel zu sehen war.
Rembrandt hatte dieses Gemälde im Alter von 33
Jahren geschaffen. Neben diesem Rembrandt kom
men zahlreiche kostbare Gemälde unter den Hammer,
die sich einst in den bekanntesten deutschen Privat
sammlungen befanden. So die herrliche Landschaft
von H o b b e m a, die im Jahre 1928 bei Oskar
Huldschinsky in Berlin war, das Gemälde
»Samson und Delila« von Jan Steen aus der glei
chen Sammlung, das Porträt der Mutter Rembrandts,
das von Gerard D o u gemalt worden war und James
S i m o.n gehörte, der seine auf viele Millionen ge
schätzte Sammlung den Berliner Museen hinterließ.
An die Gemälde schließen sich aus verschiede
nem anderem Kunstbesitz sehr schöne englische und
französische Möbel des 18. Jahrhunderts, darunter
ein Schreibsekretär, der einst im Besitze des Zaren
Paul I. von Rußland war und der vor einigen Jah
ren aus der Eremitage verkauft wurde, wertvolle
Stiche, Silbergegenstände, Bronzen, Delfter Fayen
cen, Tapisserien und Teppiche,
Der reich illustrierte Katalog ist bereits erschie
nen und kann von Paul Graupe in Berlin W9,
Bellevuestraße 3, oder Mak van Waay in Am
sterdam, Rokin 102, bezogen werden.
Jlunstwerke aus Porzellan.
Das Dorotheum in Wien führt am 8, und
9. November die freiwillige Versteigerung einer Woh
nungseinrichtung im Hause D'öblergasse 4 im
siebenten Bezirk durch, die besonders durch
den reichen Bestand an Porzellanarbeiten bemer
kenswert ist. So ziemlich jedes Stück ist ein Kunst
werk für sich, dessen Wert noch dadurch erhöht
wird, daß es ausgezeichnet erhalten ist.
Nur erste Manufakturen sind vertreten: Kopen
hagen, Meißen, Nymphenburg, Rosenthal und Se-
, vres und jede durch Stücke, die von der Hand von
Modelleuren stammen, die Weltruf haben. Da ist
eine Gruppe »Seduction« aus Sevres-Biskuitporzel-
lan, Modell von Godebski, zu erwähnen, bei der
man die Rückenlinien der Figuren und die Nerven-
bildung der Hand, die sich geradezu in das Fleisch
des Mädchens zu verkrampfen scheint, bewundern
muß. Nach einem Modell von Falconet (1759)
ist eine Gruppe »Faunfamilie« hergestellt, die die
Sevresmarke eingepreßt trägt. Von starker natura
listischer Wirkung ist die nach einem Modell von
D a 1 o u gearbeitete Gruppe aus französischem
Biskuitporzellan »Liebeszwang«, Das Originalmodell
einer wunderschönen Gruppe aus kopenhagener Por
zellan, signiert und datiert 1897, »Ufer und Welle«
rührt von Lundberg her. Hievon sind nur drei
Exemplare bekannt, und zwar das dieser Sammlung,
ein zweites befindet sich im Museum der königlichen
Manufaktur zu Kopenhagen und das dritte im dor
tigen Staatsmuseum. Einzig in ihrer Art sind die drei
Lebensalter, Arbeiten eines der bedeutendsten Mo
delleure der königlichen Manufaktur in Kopenhagen.
Gerhard Hennings: Jugend-, Mannes- und Grei-
senalter. Ein anderes Stück von Hennings ist der
»Weinende Faun«, das der Besitzer auf der Welt
ausstellung in Paris angekauft hat. Eine weitere
Gruppe nach einem Modell von Hennings »Ane Mari«
ist deshalb besonders interessant, weil die Figur
einen Wackelkopf nach Pagodenart, jedoch mit
Links- und Rechtswendung, trägt und am Sockel des
Stückes sich die Gestalten der bereits erwähnten
Lebensalter in ihren Entwicklungsformen in Medail
lons zeigen. Sehr schön ist eine hohe bauchige Vase
aus Kopenhagener Porzellan, ein Unikat des Model
leurs St. U s s i n g, die ringsum mit Schwertlilien
unter Wasser so naturgetreu bemalt ist, daß man das
Wasser gleichsam bewegt zu sehen vermeint. Pracht
voll in der vorgetäuschten Bewegung des Wassers
ist auch ein großer Wandteller aus Kopenhagener
Porzellan »Wogendes Meer«, der laut Attest von
Fl y genring 1913 als Unikat für die königliche
Manufaktur hergestellt worden ist. Gleichfalls atte
stiertes Unikat ist eine Dekorationsschüssel mit
Faun und Ziegenbock. Ueberaus selten sind »Faun
auf Schildkröte« und »Faun mit Hahn«, Original
modelle von Knud K y h n, bisher von der könig
lichen Manufaktur nicht wiederholt. Von Kopenha
gener Stücken mögen noch die »Braut« von Mal i-
n o w s k y erwähnt sein, das vierte von 50 nume
rierten und signierten Stücken, und die nur in zwei
Exemplaren vorhandene Figur »Meerweib« von
Platen-Hallermund.
Wenn wir auf Meißner Porzellan übergehen,
müssen wir in erster Linie auf zwei Unikatvasen,
von Leuteritz 1865 hergestellt, mit Darstellun
gen aus dem Alexanderzug nach Thorwaldsen in
Limoges-Emailmalerei hinweisen, wovon auf Seite 94
der Jubiläumsfestschrift der Königlichen Sächsischen
Porzellanmanufaktur Meißen, 1710 bis 1910, die Rede
ist. Außerdem möge eine Reihe von Vasen und
Gruppen aus Meißner Porzellan verzeichnet sein,
die nach Modellen von Kaendler ausgeführt und
so wie viele andere Stücke der Sammlung in der
erwähnten Festschrift verzeichnet und abgebildet
sind. Diese schöne Sammlung von Porzellan ist so
reichhaltig, daß es unmöglich ist, auch nur annähernd
das Beste hervorzuheben.
Abschließend sei angeführt, daß auch die Meiß
ner Weihnachtsteller vom Beginn an, also von 1908
bis 1934, vollständig und in glänzender Erhaltung
vorhanden sind.
Die Nymphenburger Manufaktur ist mit
drei in päte sur päte von Ludwig C. F r ä n z e 1 aus
geführten und signierten Unikatwandtellern sowie
dem herrlichen Kaffee-, Tee- und Mokkaservice, dem
sogenannten »Königsservice« und einzelnen, präch
tigen Fruchtkörben vornehm vertreten.