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Internationale 
^ammlengßifunfi 
Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde 
Herausgeber i Norbert Ehrlich 
28. Jahrgang 15. März 1937 Nr. 2 
Die Betnuß. 
Von H. W. May (München). 
Unter dem Namen „Betnuß“ ist ausschließlich 
eine Kapsel zu verstehen, die in ihrem Innern mit 
figurenreichen, überaus fein durchgeführten plasti 
schen Darstellungen der Heilsgeschichte versehen ist 
und für die Verwendung im Rosenkranz bestimmt war. 
Die Betnüsse waren dem Perlenkranz als Knauf 
eingereiht und mochten wohl verhütet haben, daß 
der durch den Gürtel gesteckte Rosenkranz heraus 
schlüpfte und verlorenging. Geöffnet haben sie wohl 
beim Abbeten des Rosenkranzes die Stelle eines An 
dachtbildes oder Handaltars eingenommen. Der Rosen 
kranz der katholischen Kirche wurde erstmals von 
den Kreuzfahrern nach Europa verpflanzt und orien 
talischen religiösen Gebräuchen nachgebildet. Er 
setzte sich nur zögernd in Europa durch und durch 
lebte mancherlei Wandlungen. Seine ursprüngliche 
Form war der sog. „Marienpsalter“, der analog der 
Zahl der Psalter aus 150 Perlen und 15 größeren 
Kügelchen bestand. Eine zweite Form trat bald hin 
zu, der sog. „mittlere“ Rosenkranz mit 63 Kugeln, 
da nach apokryphen Quellen Maria ein Alter von 
63 Jahren erreicht haben soll. Die Stellung der Kirche 
zum Rosenkranzgebet war zunächst überaus wech 
selnd, endlich aber kam eine Einigung auf die heutige 
Form zustande. 
Die Betnüsse sind gar nicht am Marienpsalter 
zu finden, auch für den mittleren Rosenkranz sind 
mir keine Beispiele bekanntgeworden. Das orien 
talische Beispiel, dem die Betnuß ihre Existenz ver 
dankt, mag erst in späteren Zeiten wirksam geworden 
sein. An der Stelle unserer Betnuß verwenden die 
orientalischen Vorbilder Muscheln, Früchte, Frucht 
kerne, Kugeln von wohlriechenden oder parfümierten 
Hölzern, Bein, Elfenbein, Glasfluß, Steine, Korallen. 
Diese Materialien waren meist verziert, aber nicht 
in jenem deutlichen, bildhaften Sinne wie unsere 
Betnüsse, sondern mehr ornamental. Wenn auch die 
sogen. „Bisamkugeln“, die die Frau des 15. und 16. 
Jahrhunderts mit Duftstoff gefüllt an ihren Gürtel 
enden trug (bäuerliche Holzschnitzereien, tragen diese 
Sitte bis ans 18. Jahrhundert heran) ebenfalls dem 
orientalischen Vorbild nach gedacht sein werden, so 
dürfen solche Bisamkugeln dennoch nicht mit den 
Betnüssen verwechselt werden, die innen kompakter, 
nie zur Aufnahme von Duftstoffen oder des Rosen 
kranzes bestimmt waren. Diese Verwechslungen wer 
den in der Praxis allerdings begünstigt durch die Tat 
sache, daß Betnüsse heute nurmehr höchst selten in 
ihrer ursprünglichen Fassung im Rosenkranz auf ge 
funden werden, sondern meist vereinzelt und ohne 
Montage auftreten. 
Die Betnüsse treten um die Mitte des 15. Jahr 
hunderts herum auf und verlieren sich gegen das 
Ende des 17. Jahrhunderts. Ihre Hauptblüte beginnt 
um 1525 und dauert bis zum Abschlüsse des Jahr 
hunderts an. Das älteste bisher gesicherte Exemplar 
einer Betnuß dürfte das im Grünen Gewölbe zu 
Dresden verwahrte, auf die Zeit um 1480 anzusetzende 
Stück burgundiseber Schule sein. 
Als Material tritt vorzüglich Buchs auf, dem dem 
Vorkommen nach folgen: Elfenbein, Bein, Horn, 
Hirsch, Metall. Stücke von Bernstein, Perlmutter, 
Meerschaum und Kokosnuß sind mir bisher nicht be 
kanntgeworden, werden aber vielleicht auffindbar sein, 
An unsere Bezieher im Deutschen Reich! 
Die „Internationale Sammler-Zeitung“ ist zur Eintragung in die amtliche Zeitungsliste 
zugelassen worden. Es kann daher von nun ab 
der Bezug bei jedem beliebigem Postamt 
angemeldet werden. 
Die Devisenbeschaffung ist nicht Sorge des Abonnenten! 
Der Bezugspreis für ein Jahr stellt sich auf ungefähr RM 11.—. 
Die genaue Festsetzung erfolgt durch das Zeitungsamt in Berlin und kann bis zur 
Bekanntgabe in unserem Blatte dort erfragt werden. 
Die Verwaltung der „Internationalen Sammler-Zeitung“.
	        
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