143
konservativer als Wien ist
Prag. Die zahlreichen,
gründlich gearbeiteten
Bände von J. Spott halten
sich meist innerhalb einer
bewährten Renaissance.
Ein grosses Missale ist
bunt von halbarchaischen
Lederapplikationen.Dieser
Messbuchstil betont sich
in Krakau (Robertjahoda)
noch gotischeroderbyzan-
tinischer; das liturgische
Element setzt sich in Glas-
fensterfarbe um.
Wenden wir uns dem
Auslande zu, so begegnen
wir allen Modernitäten des
Tages. Das solide Paris der
petits fers lebt in den tadel-
losen Maroquin- und Kalb-
lederbänden von R. Petit
(Prinz Franz Liechtenstein
und Österreichisches
Museum) und, etwas
modischer, von Petrus
Ruban (Fideikommiss- Henry Frowde, London, rotes Maroquin mit farbigen Einlagen
Bibliothek). SeinAntipode,
der Ledertreiber und Lederschneider Saint-Andre, ist mit mehreren meister-
haften Reliefbänden vertreten, auch aus dem Besitze des Museums. Dieses
Institut besitzt auch mit allen koloristischen Ledertechniken geschmückte
Bände der Skandinavier (Anker Kyster, Tegner-Flyge) und jenes Kuriosum
von Ch. Doudelet (Antwerpen 1901), den nur in sechs Exemplaren her-
gestellten weissen Schweinslederband, dessen Ornamentik in Blindpressung
aus primitiv-stilisierten Einzelformen (Vase, Taube, Shawls, Bäumchen)
besteht, womit die luxuriöse Simplizität der Ausstattung seltsam stimmt
oder auch nicht stimmt. Der Lederschnitt spielt natürlich eine grosse Rolle.
G. Hulbe (Hamburg) wühlt buchstäblich in gediegenem Rindsleder und
anderen Häuten. Während F. X. Weinzierl (München) noch mehr zum
Gaudeamus- und Hubertusstil zu neigen scheint (sein kolossales „Goldenes
Buch" erscheint förmlich in Lederkoller und Brustharnisch), berühren sich
bei Hulbe alle Extreme: der blühweisse Pergamentband Vogelers mit
hellstem Grün und Lila der Malerei und das braune Rindsleder des
„Germanischen Museums" mit farbiger Reliefvedute im Butzenscheiben-