Eine machtvolle Strophe in diesem Epos von der Kraft ist auch das Relief der Berg-
leute, die den Fels sprengen. Hier ergibt sich eine besondere Wirkung durch die Umrah-
mung. Die Basis des Reliefs ist selbst als der Fels gedacht und die zackige, rissige Begren-
zungslinie des oberen Randes und der furchige Grund erscheinen, als hätten die Männer
wirklich, mit Hacke und Eisen sich einwühlend in das Gestein, den kargen Raum erkämpft.
Und das leidenschaftliche Vordringen, das nicht Nachgeben mit zusammengebissenen
Zähnen, das fühlt man in der Gestalt des Mineurs, der das Bein gegen die Steinwand
gestemmt, das spitze Eisen dem Stein in die Flanke treibt.
Im dritten Relief erscheint die Welt des Hafens, der Schitfahrt, mit jenen athletischen
trotzigen Gestalten, wie man sie im Hafen von Antwerpen mit den Kauifarteiballen aller
Erdteile freispielend hantieren sieht. Und das schleierartig weit über den Nacken hängende
Kopftuch, das sie zum Schutz tragen, gibt eine gewisse Stilisierung, fast hieratisch, so daß
man an assyrische und ägyptische Friese königlicher Arbeiter denken kann.
Dies Tuch, das einem Nutz- und Schutzzweck dient, und jedem Kenner des Hafen-
bildes vertraut ist, trägt sehr dazu bei, den Meunierschen Volksfiguren jene symbolische
Erhöhung der Erscheinung zu verleihen. Sie werden auch nicht durch den bürgerlichen
Anzug trivialisiert, der sich so ungünstig und spröde für die Monumentalbehandlung erweist.
Sie stehen meist halbnackt in der Fülle ihrer Muskeln da, arbeitsgemäß, und die Kleidungs-
stücke, die sie tragen, das Schurzfell, der Sweater, die Mütze oder jenes Schleiertuch fügt
sich dem plastischen Stil viel besser ein als der korrekte Anzug, den man als lächerliches
Gegenteilspiel besonders grotesk auf italienischen Kirchhöfen und Marktplätzen - man
denke an die Gehrockmänner auf hohen Säulen - findet.
Der vierte Gesang dieses Epos der Arbeit handelt von der Mutter Erde. Ein plasti-
scher Millet ist die Szene: Im reifen Korn die Schar der Ährenleser mit Sichel und Sense.
Und wie auf dem ersten Bild die züngelnden Flammen, so gibt hier der luftig bewegte
Getreidewald den mitschwingenden Hintergrund für die rege Gebärde der Menschen.
ImI-lalbrund, den die Rahmenwand diesesReliefs beschreibt, stehen gleich Chorführern
eherne Figuren auf hohem Sockel. Hochragend als Mittelkrönung der Sämann, Milletisch
gefühlt wie das Ernterelief, mit weiter Gebärde zwischen Erde und Himmel. Dann
sitzend der Bergmann, der Hamrnermeister, und schicksalsvoll der „Ahne", das eherne
Abbild des Alters von den Malen und Kriegsnarben der Arbeit gezeichnet und schließlich
die Gruppe derMutter mit den Kindern, dieVerkörperungfür den ewigunendlichen Gedanken
alles Seins, für Werden, Emeuerung, Fecondite.
Und sie kehrt wieder in dem Entwurf zum Denkmal des großen Arbeiters, dem
Meunier so ähnlich war, Emile Zolas, des Schöpfers von Germinal und la Terre.
Felix Poppenberg
ISCHZEUG VON NORBERT LANGER 8: SÖHNE. Wir hatten schon
wiederholt Gelegenheit, über die erfreulichen Fortschritte der lange Zeit darnieder-
liegenden Leinendamastweberei in Österreich Bericht zu erstatten; man vergleiche die
kurzen Bemerkungen im Jahrgange 1903 dieser Zeitschrift auf Seite 222 und Seite 535.
Eine Zeit schien es, als ob die neuere Kunstrichtung diesem ganzen Zweige der
Kunstweberei ein sang- und klangloses Ende bereiten sollte.
Ein angesehener Wiener Architekt, dessen Verdienste nicht im geringsten geleugnet
werden sollen, meinte vor wenigen Jahren gelegentlich eines Wettbewerbes für Leinen-
damastrnuster sogar, man solle das Weben solcher Arbeiten überhaupt aufgeben, da man
doch nur Muster erzeuge, die dann niemand gewahren könne.
Diese Behauptung hat, wenigstens wenn wir sie nur auf einfarbige Damaste beziehen,
anscheinend sehr viel für sich.
Es wird kaum möglich sein, bei einem größeren Damaststücke das ganze Muster mit
einem Blicke zu übersehen. An einigen Stellen wird es in Folge der Beleuchtung kräftig
hervortreten, an anderen immer unklarer verschwimmen und an vielen gar nicht zu
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