MAK

Volltext: Monatszeitschrift II (1899 / Heft 10)

Speisesaal, Malereien links vom Wintergarten 
von 8X6 Meter, bei 5'5 Meter Höhe. Die eine 
Langseite, gegenüber dem erwähnten Kamin, 
öffnet sich mit einer breiten viereckigen „baie" 
nach einem etwas höher gelegenen Wintergarten, 
der einen polychromen Marmorbrunnen erhalten 
soll. Rechts und links des Kamins sind zwei Thüren 
nach dem Musikzimmer, die beiden Hauptthüren 
aber, als Verbindung mit den übrigen Gemächern, 
liegen in der Mitte der Schmalseiten. Ausserdem 
gibt es noch zwei kleinere Thüren; der Künstler 
hatte also bei seiner Anordnung mit ungewöhnlich vielen Öffnungen 
zu rechnen. Es soll übrigens gleich hier festgestellt werden, dass 
Professor Matsch sich in dieser Arbeit neuerdings als vielgewandter, 
anmuthiger Künstler bewährt hat, dem es auch nicht an einem Zuge 
von Selbsteigenheit und gewiss nicht an technischen Einfällen fehlt. 
Dass er im alten Hellas heimischer ist, als sonst ein Künstler in Wien, 
und namentlich im altgriechischen Ausrüstungs- und Ausstattungs- 
wesen vortrefflich Bescheid weiss, ist selbst von Mitbewerbern 
anerkannt. Dass in seinem decorativen Wesen etwas - sagen 
wir - Weibliches vorherrscht, ist das gewisse phäakische Element,
	            		
welches Wien mit dem Phäakenland Corfu gemein hat. Es scheint den Künstler nach der Damenseite hin zu weisen, aber schliesslich braucht ja auch diese ihre Kunst - und soll sie haben. Wie dem Musiksalon, so sieht man auch diesem Raume sofort an, dass ihn kein Architekt entworfen hat. Ein solcher würde zum Beispiel die eine halbe Wand breite Öffnung zum Wintergarten gewiss architektonisch umrahmt haben, während Matsch dies durch Malerei, also durch einen breiten Farbenstreifen bewirkt. Auch drei verschiedene Lösungen für die Thüren eines Raumes würde ein reiner Baumensch schwerlich wagen. Das vorherrschende Material ist polirter Stuckmarmor; für einzelne Hauptsachen standen schöne echte Marmorarten zur Verfügung, und für plastische Verzierung ist Metall in verschiedenen Farbentönen reichlich verwendet. Der Gesammtton ist so hell als möglich, ohne grell zu sein. Für die Wandflächen haben drei verschiedene Marmorsorten als Muster gedient. Die Sockelstreifen haben ein warmes, weisslich durch- hauchtes Grau. Der mittlere Streifen, etwas über meterhoch, ahmt einen egyptischen Marmor nach, dessen feiner Crämeton luftig gewölkt und mit kaum merklichen dunklen Pünktchen und zarten gelbbraunen Äderungen durchsetzt ist. Darüber folgt das obere Drittel, friesartig, in noch hellerem Creme, mit noch leiserer hell- gelblicher Äderung, nach einem italienischen Stein. Zwischen der zweiten und dritten Schichte geht ein nicht profilirter, bandartiger Simsstreifen aus dem grauen Marmor des Sockels hindurch, gleich- sam als Verbindung der Thürstöcke, die aus einem echten, sehr ruhigen, wenig gewölkten italienischen Marmor von feinstem Maus- grau gearbeitet sind. Die Profile des Gewändes sind sehr einfach und gemässigt. Das stärkste hat die Cimaise des Lambris, es besteht aus Deckplatte, Kyma, I-Iohlkehle und Stab. Nach oben werden die Profile immer zarter; das nächste hat nur noch ein paar Leisten und einen Stab; ganz oben aber verbreitet sich ganz flach gehalten ein frei gewähltes spätgriechisches Gebälk. Die senkrechte Gliederung der Wände geschieht durch cannelirte jonische Pilaster, die in den Ecken und zu beiden Seiten der Wintergartenöffnung aufstreben. Die beiden Hauptthüren sind frühgriechisch gebildet und die beider- seitigen oberen Ausladungen ihrer Rahmen machen die Verbindung mit zwei beiderseits freistehenden Hermen harmonischer. Die kleinen Thüren sind gleichfalls hellenisirend mit zierlichem linearem Detail eingerahmt. Übrigens sind die Thüren ganz freie Bildungen, wie denn überhaupt im ganzen Raume sich das Bestreben regt, nicht nachzuahmen, sondern auf antiker Grundlage Modernes zu machen.
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