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DIE HERALDIK__DER KATHOLISCHEN KIRCHE
VON H. G. STROHL-MODLING 50'
IE hervorragende Stellung, welche die katholische
Hierarchie im Leben der ihr angehörigen Völker
einnimmt, läßt es angezeigt erscheinen, die heral-
dischen Embleme ihrer einzelnen Glieder einmal
etwas näher ins Auge zu fassen, schon deshalb,
weil diese einstmals auf kunstgewerblichem Ge-
biete eine große Rolle gespielt haben und auch
heute noch nicht ganz ohne Bedeutung sind, auch
bei keinem der anderen heraldischen Objekte so
leicht Irrungen vorzukommen pflegen als gerade
bei geistlichen Wappenbildern. Im nachfolgenden
will ich den Versuch machen, den Leser durch das heraldische Gebiet der
katholischen Kirche zu führen, ein Gebiet, das, von der allgemeinen Heer-
straße etwas abseits gelegen, im Laufe der Zeit den Kunstbeflissenen ziemlich
fremd geworden ist.
Wie die heraldische Kunst im allgemeinen, so ist auch die spezielle der
Kirche in der Verfallszeit tief herabgesunken, namentlich ist dies bei den
persönlichen Wappen der einzelnen geistlichen Dignitäre bemerkbar, die
mitunter einen hohen Grad von Monotonie, ja selbst eine überraschende
Geistlosigkeit aufweisen. Besonders die Sucht, das Wappenbild um jeden
Preis „redend" zu machen, ließ manche der geistlichen Herren zu den
absurdesten Formationen greifen." Diese oft durch ihren nahezu burlesken
Charakter der geistlichen Würde wenig entsprechenden heraldischen Schöp-
fungen veranlaßten endlich die österreichische Regierung, dieser leidigen
Sache etwas näher zu treten und die neu zu schaffenden geistlichen Wappen
unter Kontrolle zu stellen. "i" Daß die Regierung dabei auch das Geschäftliche
nicht vergaß und durch die Einhebung einer Stempel- und Ausfertigungs-
gebührw" sich ein, wenn auch geringes Einkommen schuf, wer wollte
i" So führte zum Beispiel der Abt des Prämonstratenser-Ordensstlftes Schlägl in Oberösterreich, Siard
Dengler (1763-1798), in seinem Wappenschilde nebst anderen Figuren eine Hausmauer, aus deren Fenster ein
linker Arm herausragt, der eine runde Scheibe hält, auf welcher die Inschrift „LER" erscheint. "Denk" ist mit
"Links"gleichbedeutend, gibt also mit„Lex'"den Namen des Abtes. Dieses Wappen-
bild erregte, wie begreiflich, die Spottlust seiner Mitbürger und so findet sich auch
hie und da die Scheibe in seinem Wappen durch einen Beutel mit der ominösen
Aufschrift „ler" ersetzt.
Zufälligerweise befand sich damals das Stift Schlägel in finanziellen Nöten,
so daß das sonderbare Wappenbild auch in dieser Beziehung „redend"
gewesen war.
"" Mit Dekret der vereinigten Holkanzlei vom 13. Januar 18:5, Z. 89, wurde
verordnet, daß jeder neuernannte Erzbischof, Bischof, Abt, Propst und jeder Dom-
kapitular von Sankt Stephan um die Verleihung eines Wappens einschreiten
dürfe, die Wappenentwiirfe aber dem Wappenzensor zur Überprüfung vorzulegen
seien.
v" Ein vom k. k. Ministerium des Innern ausgestelltes Wappenplakat kommt
auf zirka x85 Kronen zu stehen (Gesuch: 5 K Stempel, Beschreibung des Wappens: Abb. r. Passionswappen
3c h Stempel, Wappenbild: 30 h Stempel, Ausfertigung des Wappenplakates: 1 76 K). nach einer alten Miniatur
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