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DAS ENGLISCHE HAUS Sie VON HARTWIG
FISCHEL-WIEN
O zahlreich die Veröffentlichungen auch sein
mögen. die sich mit dem englischen Hause und
seiner innerenAusgestaltung befassen, eine syste-
matische und das ganze große Gebiet gründlich
beherrschende Darstellung wurde uns erst durch
Muthesiusl" gegeben. Erst der klaren Gedanken-
arbeit und dem sachlichen Darstellungsvermögen
des deutschen Fachmannes verdanken wir ein
Buch, das nicht nur den Zusammenhang des
englischen Hauses mit denVerhältnissen bloßlegt,
die auf seine Entwicklung Einfiuß genommen
haben, sondern das auch auf alle lebendig wirkenden Faktoren hinweist, die
für seine gegenwärtige hohe Vollkommenheit wesentlich sind. Dadurch ist
der Anregungswert für kontinentale Bedürfnisse in geeignetsterWeise beleuch-
tet und zugleich deutlich und eindringlich der blinden Nachahmung entgegen-
gearbeitet. Nun ist das grundlegende Werk durch das Erscheinen des dritten
Bandes vollständig geworden, in welchem die innere Einrichtung ebenso
eingehend behandelt ist, wie die Entwicklung und der Aufbau in den beiden
ersten Teilen.
Und trotzdem gerade diese Seite der Frage besonders von Kunstzeit-
schriften am häufigsten beleuchtet wurde, bringt Muthesius auch für den gut
vorbereiteten Leser Wertvolles in Fülle, weil er in das vielfach zerstreute
Material die Einheit seines gründlich vorgebildeten persönlichen Urteils trägt.
Wir erfahren aus dem historischen Rückblick, mit dem er beginnt, wie
weit einzelne Raumgestaltungen schon durch vergangene Perioden entwickelt
waren, wie das Zeitalter der Königin Elisabeth in einem raschen Aufstieg
den hohen Ausbildungsgrad erreichte, welcher auf die moderne Neubelebung
von so großem Einiiuß war. Wir sehen aber auch zugleich, wie die späteren
Architekten nicht äußerlich den alten formalen Apparat übernahmen, sondern
mehr die alten Gesinnungen und die Prinzipien adoptierten; die Behandlung
von Wand und Decke zeigt uns besonders deutlich, wie ausgereifte künst-
lerische Erfahrungssätze und Geschmackseigentümlichkeiten aus alten Zeiten
in die Gegenwart übertragen werden konnten, ohne an Anwendbarkeit und
Fortbildungsfähigkeit einzubüßen - so lange sie nur sinngemäß und sach-
gemäß gehandhabt wurden.
Dasselbe gilt für den Einfluß des Bauernhauses auf den bürgerlichen
Geschmack, der ähnliche Gefahren in sich birgt, weil er auf veränderte Lebens-
bedingungen übertragen wird. Auch hier sorgte eine gesunde und natürliche
Empfindung für Maß und Ziel und eine kräftige Bildungsfreude half in das
moderne Fahrwasser hinüber. Sehr klar und überzeugend ist dargestellt, wie
i" Das englische Haus von Herm. Muthesius, III. Band, Berlin, Ernst Wasmuth A.-G.