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treten mußte. Darin gehen denn auch die folgenden Bauten über den byzan-
tinischen Richtungsbau hinaus; das Vorherrschen einer Richtung, das in der
Sophienkirche als Ausdruck einer zeitlichen Aufeinanderfolge den antiken
abendländischen Geist noch durchschlagen ließ, weicht dem in sich beruhen-
den Zentralgedanken. So ist zum Beispiel in der Moschee Ahmeds III. (Abb. 4 x)
der Mittelraum nach allen vier Seiten von Halbkuppeln umschlossen, die
ihrerseits wieder auf kleineren I-Ialbkuppeln ruhen, welche das ganze Gefüge
sinnreich zum umschließenden Kubus ausgleichen. Das Ganze ist dabei
in jenem abstrakten Charakter gehalten, dem der Kräfte symbolisierende,
organisch verbindende Charakter der Antike fehlt, der die einzelnen Teile
als Selbständiges nebeneinanderreiht. Man beachte in diesem Sinne, wie das
Aufruhen der Kuppel- und I-Ialbkuppelbogen auf den unabhängig von ihrem
Durchschnitt geformten Rundpfeilem keine Betonung erfährt, ja durch die
Dekoration und die Stalaktitenüberleitungen geradezu verwischt ist. Ähnlich
wie in der Gotik sind die Wände durch Auflösung in Fenster durchaus ent-
materialisiert und noch dazu läßt der Mangel eines tragenden Gerüstes, wie
es in der Gotik durch die durchlaufenden Lisenen und Rippen erscheint,
die völlige Abstraktion von den tatsächlich wirkenden Kräften erkennen. Das
Gefüge ist kein organisch wachsendes, sondern ein trigonometrisch abstraktes.
Dies kommt nicht minder am Äußeren der Moscheen zum Ausdruck.
Auch da wird durch die nach allen Seiten gleichmäßige Aneinanderfügung
der klar absetzenden Teile weit über die Sophienkirche hinausgegangen
Abb. 45. Moschee Selims I. (Adrianopel)