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Volltext: Wiener Silber 1780 - 1866, Band 2: Zuckerstreuer, Zuckerdosen, Zuckervasen, Zuckerzangen

hörig sortirte Rohzucker wird nun in den kupfernen Läuterungskessel oder die Klärpfanne 
gegeben, mit dem gleichen Gewichte Kalkwassers und einer hinreichenden Menge frischen 
Rindsblutes übergossen, mit hölzernen Spateln oft umgerührt, und in der Wärme aufgelöst. 
Das Kalkwasser, welches eine Art von Lauge bildet, muß in dem sogenannten Kalkkasten 
oder Kalkback, d. i. einer wasserdicht ausgemauerten Grube, in gehöriger Menge bereitet 
werden, und wird in manchen Raffinerien durch eigene Röhren dahin geleitet, wo man dessel 
ben bedarf. Die Auflösung des Kalks muß so dünn seyn, daß in 600 Pfund Wasser nur 1 Pfund 
Kalk enthalten ist. Wenn nun das Gemische im Läuterungskessel aufzuwallen anfängt, ver 
mindert man die Feuerung, damit die sich bildenden Dunstblasen nicht zum Springen ge 
bracht werden. Das zu heftige Wallen des siedenden Wassers vermindert man augenblicklich 
durch Zusatz einer unbedeutenden Menge von Butter, der sich gleichförmig wie ein sehr 
dünner Überzug über die kochende Masse verbreitet, und das Übergehen der Pfannen ver 
hütet. Man klärt nachher die Flüssigkeit ab, d. h. man nimmt den sich bildenden Schaum mit 
der Schaumkelle oder dem großen kupfernen Schaumlöffel ab, und bringt ihn in eine neben 
dem Kessel stehende Wanne. Zu starkes Kochen soll die Säure vermehren und einen unnöt- 
higen großem Abgang wegen der Abscheidung verursachen. Der Kalk bindet hierbey die 
freye, im Zucker vorhandene Säure, und fällt als Zuckerselenit unauflöslich zu Boden, oder er 
schwimmt in dem entstandenen Schaume; überdieß verdünnt der Kalk auch die überflüssi 
gen öhligen und schleimigen Theile, welche die Krystallisationsfähigkeit des Zuckers vermin 
dern, und sondert sie ab. Das Blut aber nimmt vermöge seines Eyweißstoffes durch seine 
Gerinnung alle unauflöslichen fremden Stoffe in sich, und bildet mit ihnen den schon erwähn 
ten Schaum. Kalk und Blut werden also bey einer vollkommenen Raffinirung aus dem Zucker 
gänzlich wieder ausgesondert. Zeigt sich beym Klären oder Abschäumen, daß der zuckrige 
Saft noch nicht ganz klar geworden ist, so setzt man, wenn die Flüssigkeit bis auf einen ge 
wissen Grad erkaltet ist, von neuem Kalkwasser und Blut hinzu, um durch fortgesetztes Sie 
den und Abschäumen die vollkommene Klärung des Zuckers zu bewirken. Diese Operation 
wird oft dreymahl wiederhohlt. Ehemahls hat man statt des Blutes Eyweiß angewendet, wel 
ches festem und weißem Zucker geben soll. Noch mannigfaltiger sind die Mittel, weiche man 
in der neuesten Zeit zum Klären des Zuckers statt des Blutes angewendet hat. Der Engländer 
Batley hat hierzu süße Milch gebraucht. Jn Frankreich, England und Hamburg benutzt man zu 
demselben Zwecke die Pflanzen= und thierische Kohle, welche man im Großen bereitet, in 
dem man die ausgekochten Knochen im verschlossenen Raume destillirt und sehr fein pul 
vert. Sie muß ganz ausgeglüht und rein seyn, weil sie sonst nicht die Eigenschaft hat, den 
Zucker zu entfärben. Die Quantität hängt von der Qualität und Feinheit des Knochenpulvers, 
auch von der Qualität des zu reinigenden Zuckers ab. Beym Havannahzucker u. a. hellen Sor 
ten werden 2 bis 2 1 / 2 , bey braunen Sorten 3 bis 4 Procent Kohlen genommen. Der Zucker 
wird mit 25 bis 30 Procent Kalkwassers mehr als sonst in der Klärpfanne aufgelöst, das Koh 
lenpulver darein verrührt, und die Flüssigkeit unter stetem Umrühren eine Stunde gelinde ge 
sotten, dann durch Molton gegossen, das auf dem Fittrum zurückbleibende Kohlenpulver mit 
heißem Wasser nachgespült, um den darin klebenden Syrup auszuwaschen, und der Rück 
stand zuletzt stark ausgepreßt. Der mit Kohle gekochte und durchgegossene Syrup kommt 
nun wieder in den Kessel, wird nach dem Abkühlen mit der gewöhnlichen Masse frischen 
Rindsbluts versetzt, damit wohl unter einander gerührt, und abermahls ohne weiteres Rühren 
gekocht. Hier gerinnt das Blut, schließt die dem Syrup noch beywohnenden zarten Kohlen- 
theile ein, und steigt mit ihnen verbunden als Schaum auf die Oberfläche, wo derselbe mittels 
der Schaumkelle von Zeit zu Zeit abgenommen wird. Das Kochen des Syrups wird nun so 
lang fortgesetzt, bis derselbe völlig klar geworden, worauf man ihn nochmahls durchgießt 
und endlich in den Siedkessel bringt. Die in den Raffinerien benutzte Kohle kann nach noch 
mahl/gern Ausglühen neuerdings zu demselben Zwecke, oder als Farbe, wozu sie noch bes 
ser seyn soll, als die unmittelbar durch Glühen erhaltene, benutzt werden. Der Grossier 
Owen in Kopenhagen hat eine Knochenpulverfabrik angelegt, welche verkohltes Pulver zum 
Zuckerklären bereitet. Joh. Justus und Friedrich Kraut in Bremen haben 1821 ein Surrogat für 
das Blut erfunden, welches sich durch Reinlichkeit und Wohlfeilheit empfiehlt, und vor dem 
Blute noch den Vorzug haben soll, daß es den Zucker niemahls färbt. Banon und Alluard in 
Orleans erfanden 1820 eine doppelt Presse, um den Rohzucker zu entfärben. Daniel Wilson 
in London hat vorgeschlagen, den Extractiv= und Gerbestoff und die Gallussäure, welche 
sich im Rohzucker befinden, mit Zinn= und Zinksalzen und Oxyden, womit sie unauflösliche 
Zusammensetzungen bilden, auszuscheiden. Man hat auch vorgeschlagen, den Rohzucker 
anzufeuchten und stark zu pressen; alsdann wieder anzufeuchten und in ein viereckiges höl 
zernes Gefäß zu füllen, das unten einen doppelten hölzernen Boden hat, wovon der zweyte 
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