Umwandlung der Erbschaft des achtzehnten Jahrhunderts im Sinne der
Antike, r-Adaptirungn ihrer Formen für die Bedürfnisse der Zeir. So ent-
stehen die Möbel und Einrichtungsstücke für den praktischen Gebrauch,
aber mit Benützung antiker Grund- und Zierformen. Es ist noch Leben,
Erfindung im Schalten. Erst als der Doctrinarismus umgekehrt vorgeht,
das praktische Bedürfniss der Stilgrammatik unterordnet und nur das
zulassen will, wofür die alte Welt bestimmte Vorbilder geliefert hat; als
Säulen und Friese, Akanthus, Lyren und Füllhörner nicht mehr genügen,
der Mäander jeglichen Stoff verzieren, Tempelfassaden für Schrank und
Tisch, der Sarkopbag für das Bett, das Lysikrates-Monument für den
Ofen herhalten muss etc. etc., da begibt sich die Phantasie ebenso ihres
Vorrechts wie die Zweckmäßigkeit, und es tritt jene Nüchternheit auf,
die selbst die absolute Stillosigkeit und einen wilden Naturalismus als
Befreiung empfinden lässt. '
Neben dieser lehrreichen Beobachtung können wir auch die an-
stellen, welchen Schatz die damalige Kunstindustrie noch in der Tradition
der alten Werkstattlehre, in der Erziehung zu sorgfältiger Arbeit besessen
hat. So werden die Möbeltischlerei, die Goldschmiede- und Juwelierkunst,
der Bronzeguss, die Miniatur- und Ernailmalerei, die Keramik vielfache
Anregung aus Gegenständen schöpfen, die zunächst als historische, durch
persönliche Beziehungen werthvolle Documente hier ihren Platz ge-
funden haben.
Daran reihen sich die ebenfalls in zweifachem Sinne höchst bedeu-
tenden Werke der Plastik und Malerei: Bildnisse der Regenten, Heer-
führer, Staatsmänner, Publicisten, der Dichter in Worten und in Tönen,
der geistreichen und schönen Frauen, welche die Wiener Gesellschaft
zierten - Kunstwerke, die zugleich die interessantesten und markan-
testen Persönlichkeiten und die besten Künstler der Zeit vergegenwärtigen.
Groß ist die Zahl der nSouvenirsß im weitesten Sinne, Dinge aus
dem persönlichen Besitze gekrönter Häupter oder ihrer vornehmsten Rath-
geber und Mitarbeiter, Geschenke, die durch die Hand des Gebers den
höchsten Werth erhalten, Wohn- und Tafelgeräthe von den prunkvollen
Aufsätzen bis zum Kleinsten, Nippes, Uhren und Dosen, Stücke des
Costüms, der Ausrüstung, Karossen und Geschirre etc. etc.
Und wie des den Mittelpunkt der Ausstellung bildenden Monarchen,
des Kaisers Franz Arbeitsstätte aus der Hofburg, eine Ergänzung zu den
Gemälden und Büsten bildet, und der nicht minder schlichte Congress-
tisch, an dem die Berathungen gepflogen wurden, eine solche zu den
Bildnissen der Minister und Gesandten, die wir von lsabey's Meisterhand
um diesen Tisch versammelt sehen, so musste das alte Wien mit cha-
rakteristischen Gebäuden und Plätzen, mit Aufzügen, Festen und Kund-
gebungen des Volkes den natürlichen Hintergrund für die Ausstellung
überhaupt abgeben, die wiederum zu den anziehendsten Vergleichen
zwischen Damals und Jetzt Gelegenheit geben.
3.