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Gewerbevereine und dem Vereine zur Förderung der Kunstindustrie in
Graz aus.
Die andere zu errichtende Schule ist keine allgemeine, sondern eine
für die in dem Elbogener Bezirke bereits bestehende Industrie bestimmte
Fachschule. Dieselbe soll der deutschböhmischen Porcellanrnanufactur in
jenen Gegenden bessere Musterzeichner zuführen, damit die österreichische
Fabrication auf diesem Gebiete, welche vormals so Ausgezeichnetes hervor-
gebracht haf}, nicht auf die Herstellung von Mittelwaare beschränkt bleibe,
und ein feinerer Geschmack fürderhin nicht mehr gezwungen sei, bessere
Erzeugnisse aus Frankreich, England und Sachsen sich zu beschaffen.
Dies Unternehmen braucht ganz besonders das Mitwirken der Fabrikanten,
um die heimische Porcellanindustrie auf würdigere Bahnen zu bringen.
Die llulncaillerie- und Bljouterleii-liiduatrie In Galilonz.
Der industrielle Bildungs- und Unterstützungsverein in Gablonz aIN. in Bohmen
theilt uns folgenden Bericht über die Entwicklung der dortigen Gürtler- und Quinoaillerie-
Industrie mit, welcher manches Interessante für die Leser der i-Mittheilungenw enthält. _
i-Die Gürtlerei in Gablonz dürfte bereits vor hundert Jahren, wenn auch noch in
sehr unvollkommenetn Zustande, betrieben worden sein, Unter die ältesten Gürtler, _die
eben zu jener Zeit lebten, dürften unzweifelhaft ein gewisser Hoffmann (kurzweg Spanich
genannt), der Grossvater des jetzt noch lebenden Anton Hoffmann (Romus jfonl), dann
Melchior PfeiEer und ein gewisser Jakl, der valte Goldschmied- genannt, gezahlt werden.
Die damaligen Erzeugnisse waren zumeist Knöpfe mit Fuss, die später von pol-
nischen Kaufern -Spinka'su genannt wurden, und unter diesem Namen noch heute, natür-
lich sehr verbessert, aus Metall gegossen vom Herrn Anton Pilz erzeugt werden. Auch
sind damals schon Manchettenknöpfe erzeugt worden. _ _
Diese Knopfe bestanden aus Kesseln oder Fassungen, welche mit einem scharfen
Hauer aus Messingblech auf einem harten Klotz ausgeschlagen, in einem eisernen Gesenkt:
mittelst Hammer und Eisenstempel getieft wurden. An _diese Kessel _wurd_en Oesen an-
gelöthet und aus Fensterglas mit der Scheere ausgeschnittene und mit Leimfarbe über-
strichene Steine eingefasst, immer zwei und zwei mittelst eines S-artig gebogenen Drahtes
zusammengehangt. Auch wurden damals Hutschnallen aus vorerwahnten Kesseln und
Steinchen angefertigt, sowie auch Haarringel aus sehr starkem Messingblech, die einer
zweizacltigen Gabel, wenn man sich den GiilT wegdenkt, nicht unähnlich waren. lVlelchior
Pfeiifer machte auch Knöpfe, aber ganz anderer Construction und schon _viel feiner und
geschmackvoller. In denselben befanden sich schon geschliffene Steinchen in Farben, auch
aus echtem Bergkrystall. Die Steine wurden in Zinn gefasst und die Fassung wurde auf
den Fuss des Knopfes, welcher aus Messingblech zusammengesetzt war, künstlich aufge-
lbthet. Auch dürften zu jener Zeit schon die sog. urdinaren Kinderringe, welche heute
noch gangbar sind, erzeugt worden sein. Ob die von Rekziegel in Seidenschwanz er-
zeugten, aus Zinn und Blei gegossenen Ringe und Knöpfe auch schon in der hier be-
sprochenen Periode ihre Erzeuger gehabt haben, oder ob selbe erst später aufgekommen
sind, ist nicht mit Bestimmtheit zu sagen.
Der walte Goldschmied-i, von welchem im Eingange Erwähnung geschieht, beschaf-
tigte sich mehr mit Gold- und Silberarbeit. Es wurden Gold- und Silbermünzen mit
Oesen versehen, woran ringsum eine aus gleichem Metalle sehr niedlich gearbeitete kranz-
ehenähnliche Verzierung angebracht war, welcher nach unten drei, mit böhmischen Gra-
naten gefasste Kreuzchen als Behange diente.
Auf solche und andere Art montirte Gold- und Silbermünzen, an einer Halskette
hängend, dienten damals der bemittelteren oder reichen Classe als Brautschmuck, welcher
sehr in Ehren gehalten und nur bei Hochzeiten oder an kirchlichen Festtagen getragen
wurde.
In dieser Weise mochte sich die Gürtlerei in Gablonz mit unwesentlichen Verbes-
serungen durch zwei bis drei Decennien bewegt haben, nur mit dem Unterschiede, dass
sie durch das Selbstständigwerden der Gehilfen an Umfang gewann.
Vor 70 Jahren wurde das Beizen oder Gelbbrennen von drei oder vier Gürtlern,
die es kannten, als tiefes Geheimniss behandelt, und von denen, die es nicht kannten, als