und daß die Heiligen, von der ersten Er-
greifung durch Gott abgesehen, in welcher
Konstantin seines Weges reitend in den
Stand zurückgeworfen wird, alle nicht
gehen, sondern sitzen, knien, stehen, liegen,
so begreift man die Wichtigkeit des Boz-
zetto; der lehrt, daß Bernini im Zusammen-
hang mit der Arbeit an der Therese das
Ruhen als das Umfassende konzipiert hat,
indem Engel und insbesondere Heilige
ruhig an je ihrem Ort sein müssen, damit,
darin geborgen, die unruhig zitternde
Empfänglichkeit für Gott überhaupt erst
sein kann.
Nur Künstler vom Schlage eines Mocchi,
mehr dankend und gelehrt, als sehend und
wissend, konnten eine Veronika so kon-
zipieren, daß sie - als Gedanke wahrlich
erhaben - mit dem Tuch in den Händen,
in das der Gott sein Gesicht getaucht und
sein Antlitz abgeprägt hat, von Göttlichem
angerührt, ins Rasen kommt; aber, eigent-
lich unbewegt, unergrii-fen und undurch-
zittert, dauonraxl. Bei Bernini aber Jlelyen
selbst die Engel, auch in höchster Freude
und tiefstem Leid (Engelsbrücke).
Unruhe und Bewegung sind nicht die Haupt-
gesichtspunkte für den Barock, soweit er
Bernini heißt. Das Ruhig-Sein ist dominant,
und innerhalb der Ruhe findet die emp-
fänglich-zitternde Unruhe für die erwartete
und sich ereignende Ankunft Gottes statt.
Ir-real, wie das Gewand, ist auch der Raum,
in dem Therese sich befindet. Er ist kein
Zimmer, wozu ihm ein Fenster oder eine
Betbank oder irgendein Möbel, das ihn
wohnlich machte, wie aus anderen Dar-
stellungen von Verzückungen vertraut,
fehlt. Er ist als ovale, gewölbte Rotunde ein
ausgegrenzter, für sich bestehender und
aufgerichteter Ort, groß genug, daß Therese,
der Engel, beide übcrschienen von den
Strahlen des Lichtes, unbeengt und ihn
ausfüllend, darin Platz haben: er ist die
Stätte der Unio. Diese Konzeption ist rein
poetischer Natur. Ihr Mittelpunkt ist die
mystische Vereinigung der Therese mit
Gott; und alles, was sich dabei vorfinden
ließe, befindet sich in gänzlicher Reduktion
jeder Realität und jeder Verfügbarkeit,
wodurch seine reine Relation auf die Union
sichtbar und dieselbe umgekehrt mit dar-
gestellt wird. Der Boden ist nur das
„Wovon" der Entrückung und die Wöl-
bung ist nur das „W0raufhin" der Ent-
rückung und das „Woher" des himmlischen
Lichtes. Beide zusammen mit den Wänden,
die hier nur Begrenzung und Aufrichtung
des Orts sind, der der mystischen Vereini-
gung, die ihn erfüllt, dient, bilden diese
Stätte und sind als solche kornposit ge-
schmückt. S0 herrscht hiervon allem Realen
unabhängig, Wirlelizbkeii; wenn uns „Wirk-
lichkeit" das auch bisweilen bloß Geistig-
Geistliche begreifen, „Realität" aber das
immer auch Meßbare bezeichnen soll.
Diese Darstellung der Unio mystica der
Therese ist nun aber ein Altarbild. Von
allen Gestalten, die den Zyklus der Heiligen
auf dem Wege der Heiligung bis zur Unio,
Welchen Bernini in seinen reifen Jahren
darstellte, bilden, hat er weder Konstantin,
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Plabakuk und Daniel, noch Magdalena und
Hieronymus als Altarbilder verwendet,
sondern nur die Therese und die Ludovica
Albertoni, zwei Gestalten in den höchsten
Zuständen der Heiligkeit und Guttesliebe.
Damit ist Betnini von einer auch von ihm
früher geübten Pr is abgewichen: noch
Bihiana war (in visiune beata) als Statue über
ihrem Altar aufgestellt worden, in einem
die Antike neu belebenden Sinn: als Kult-
bild (dessen theologisches Problem und
mögliche Gestattung hier nicht zu et-
örtern sind). Michelangelo, auf den Wlerke
solcher Art vu dieser Zeit zurückgehen,
hatte sich z 1r
rem als von Christus Salvator ein solches
Kultlwild umzustellen; Jacopo Sansovino
und Bcrnini bauten auch den Kultbildern
der Heiligen (jacnbtxs Major und Bibiana)
jetzt aber wählte Bernini nur mehr
in höchsten Liebeszix . .n und
ehütet, von jemand ande-
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