Das städtische Gaswerk.
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kammer, welcher die Mitte der Ammoniak- und Teerzisternen einnimmt. In der Scheidekammer
sinkt der schwerere Teer zu Boden, während das leichtere Ammoniakwasser oben bleibt. Ein
m über der Sohle angeordneter Überfall führt das Ammoniakwasser in die Arbeitskammern.
Der Teer gelangt von unten durch einen gemauerten Schacht zu einem Überfalle in die
eigentliche Teerkammer, eine Anordnung, welche verhindert, daß Ammoniakwasser in die Teer
zisterne gelangt. Das Einfüllen des Teeres in Waggons und Fässer erfolgt in dem nördlich
gelegenen Teermanipulationsgebäude.
Die Ammoniakfabrik, welche das Gaswasser verarbeitet, wurde von der Firma Wagen
mann Seybel & Comp, errichtet und der Gemeinde kostenlos ins Eigentum übergeben, wofür
ihr diese auf eine Reihe von Jahren das Benützungsrecht und den Bezug des Ammoniak
wassers zum jeweiligen Börsenkurse für schwefelsaures Ammoniak zugesichert hat.
Rohrprüfungsanstalt. Da nur ein Teil der Rohre, welche für das neue städtische Netz
benötigt wurden, in der Rohrprobierstation der städtischen Wasserleitung erprobt werden konnte,
mußte für etwa 141.000 Rohre im Gesamtgewicht von 40,330.000 kg eine eigene Rohrprüfungs
anstalt errichtet werden. In dieser sind vier hydraulische Pressen von 50 bis 1200 mm Durch
messer für die Untersuchung der Rohre und eine Presse für die Prüfung der Gasschieber
mittels Luft und Wasser vorhanden.
Werkstätte. Für die Ausführung von Reparaturen, wie sie der Werksbetrieb mit sich
bringt, enthält das Gaswerk ein ebenerdiges Werkstättengebäude, in welchem auch Bureaus,
Handdepots und die für die Arbeiter nötigen Nebenräume vorhanden sind. Die Betriebskraft
liefert eine 35 PS.-Dampfmaschine.
Arbeiteraufenthaltsräume, Bäder, Verwaltungs- und Wohngebäude. Das Ma
schinen- und Kesselhaus und die Werkstätte haben eigene Aufenthaltsräume. Das Ofenhaus
wurde an den beiden Stirnseiten mit provisorischen Anbauten versehen, in welchen die
Garderoben sowie Wasch- und Baderäume untergebracht sind. Die Aufenthaltsräume für die
Ofenhausarbeiter sind in weiteren neun Anbauten an der Simmering zugekehrten Front unter-
gebracht. Die Ankieideräume für die Arbeiter des Reinigerhauses befinden sich in einem ab
gesonderten Raume des Teermanipulationsgebäudes. Für die im Freien beschäftigten Arbeiter
ist vor dem Gasmesserhause ein Riegelwandbau von 40 9 m Länge und 17-45 m Breite her
gestellt worden, welcher zwei große Aufenthaltsräume und zwei Garderoben enthält. Zwischen
diesen Garderoben befindet sich ein Badesaal mit Fußbädern, 20 Brausen für warmes und
sechs Brausen für kaltes Wasser. Hier wie in den anderen Bädern sind eigene Organe zur Be
dienung der Bäder angestellt, so daß die Badenden mit den Apparaten nichts zu schaffen haben.
Im Werke befinden sich noch ein Restaurationsgebäude, das in einem ebenerdigen An
baue eine Arbeiterspeisehalle, in den Stockwerken Wohnungen für den Wirt und & Werks
bedienstete enthält, und das Verwaltungsgebäude, welches im Erdgeschosse Bureaus, Labora
torien und ein für die Untersuchung der Kranken und die Hilfeleistung bei Unfällen ein
gerichtetes Zimmer, in den Etagen Wohnungen enthält.
Rohrnetz.
Das Rohrnetz besteht aus gußeisernen Muffenrohren nach deutschem Normale; sechs
Hauptrohrstränge (vier zu 1200, einer zu 1000 und einer zu 700 mm Durchmesser) speisen das
Verteilungsrohrnetz. Das Hauptrohrnetz hat derzeit eine Länge von 642.820 m und einen Inhalt
von 54.957 m 3 . Es beschränkt sich vorläufig auf die alten Gemeindebezirke, den XI. Bezirk
und Schwechat, Alt-Kettenhof, Stadlau, Hirschstetten, Aspern, Eßlingen, Groß-Enzersdorf, Klede-
ring, Rothneusiedl, Ober- und Unter-Laa. Ein 1200 mm-Strang führt über den III. Bezirk, dann
längs des IV. Bezirkes bis an das Ende des Versorgungsgebietes.
Von dem Straßenrohrnetz sind mittels gußeiserner Rohrschellen die zu den Konsum
stellen der öffentlichen und privaten Beleuchtung führenden Rohre abgezweigt. Kleinere Quer
schnitte dieser Leitungen sind aus Schmiede-, größere aus Gußeisen. Alle Zweigleitungen von
5 cm Durchmesser aufwärts sind außerhalb der Gebäude auf der Straße absperrbar.
Die Wassergasanstalt.
Eine wesentliche Erhöhung seiner Leistungsfähigkeit wird das städtische Gaswerk durch
die Wassergasanstalt erfahren, die derzeit im unmittelbaren Anschlüsse an die Hauptanlagc im
Bau begriffen ist.') Das Ofenhaus des Gaswerkes ist heute schon nur durch eine weitgehende
J ) Die Anstalt wurde am 28. November 1904 dem Betriebe übergeben. (Anm. d. R.)