. Österreichisches Museum für angewandte Kunst
Besuch des Bundespräsidenten
Franz Jonas
25. Februar 1972
Bundespräsident Franz Jonos stattete dem
Österreichischen Museum für angewandte Kunst
einen Besuch ab, bei dem sein Hauptinteresse
der laufenden Ausstellung „Albrecht Dürer und die
Druckgraphik um Kaiser Maximilian l." galt.
Er wurde vam Direktor des Hauses, Hofrat
Prof. Dr. Wilhelm Mrazek, sowie von Hofrat
Doz. DDr. Gerhart Egger, dem Direktor der
Bibliothek und Kunstblättersammlung, begrüßt und
von Frau Dr. Hanna Dornik-Eger durch die
Dürer-Ausstellung geführt. Der hohe Gast, dessen
Vorliebe für die graphischen Künste bekannt ist,
nahm die gebotenen Dürer-Kostbarkeiten mit
starkem Interesse auf und war auch von der
vorzüglichen Repräsentation derselben äußerst
beeindruckt.
Bei dieser Führung für das Staatsoberhaupt ergab
es sich, daß eine Schulklasse, geführt von Professor
Hugo Ellenberger, dem bekannten Volksbildner
und Pädagogen, deren Weg kreuzte. Der
Bundespräsident, plötzlich mit der Jugend
konfrontiert, verwickelte diese spontan in ein
Gespräch, das er in bekannt launiger Weise auf die
Grundsatzfrage der Bedeutung der Museen und
ihrer echten Bestimmung hinlenkte. Nach der
Besichtigung der Dürer-Ausstellung erweckte auch
die SpontaneSchau „Schmuck '72" des Austrian
Crafts Council ebenso das starke Interesse des
Bundespräsidenten, wie auch die Sammlungen des
Hauses, so daß sich sein Besuch weit über die
vorgesehene Zeit hinaus ausdehnte (Abb. 14).
Wiener Werkstätte
Art nouveau - Art deco, 1903-1932
Altes Haus, Saal l, Stubenrin 5
21. März bis 4. Juni 1972 (veriingert)
Die mit größtem Erfolg im Grazer Künstlerhaus
gezeigte Ausstellung der Wiener Werkstätte wurde
hier ohne besondere Formalitäten im Saal l der
Wiener Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Das
überaus große und nach wie vor anhaltende
Interesse, das allerorts der Kunst und dem
Kunstgewerbe dieser Zeit entgegengebracht wird,
war der unmittelbare Anlaß, diese Ausstellung
auch hier quasi im Stammhaus zu zeigen, denn der
geschlossene Verband des Ausstellungsgutes setzt
sich fast zur Gänze aus den Beständen des
Österreichischen Museums zusammen. Die
harmonische Schau, die eigentlich einen größeren
Rahmen verdient hätte, gewährte Einblick in eine
charakteristische Zeitperiode und ihre künstlerischen
Bestrebungen. Als nächste Station wird die
Ausstellung die Kärntner Landeshauptstadt
Klagenfurt anlaufen (Abb. 4, 5).
Guenther Kraus -
Email- und Kunstharzbilder
Altes Haus, Eitelbergersaal,
1., Stubenring 5
13. April bis 7. Mai 1972 (verlängert)
Guenther Kraus, der aus Kärnten gebürtige Maler,
Absolvent der Akademie der bildenden Künste in
Wien, studierte in Paris, den Vereinigten Staaten
und Mexiko. Vielerorts ausstellend, von Stockholm
über Spittal a. d. Drau, New York, Barcelona bis
Villach, landete er nun im Eitelbergersaal des
Museums, um der Wiener Kunstgemeinde seine
Email- und Kunstharzbilder bzw. Proiekte zu
präsentieren. _
Dr. Robert Waissenberger meint über die
Hausleldten: "De? ßßyriff ,Hauszeichen' für die
Emailtafeln, die Guenther Kraus in der Erfüllung
eines künstlerischen Auftrages ausgeführt hat, ist
herkömmlich und trifft auf das Eigentliche kaum
mehr zu.
Diese Zeichen bedeuten Aussdinitte aus elementaren
Ereignissen besonderer Form und besonderer
Farben."
Dr. L. S. meint nach einem vorgesetzten Spruch von
36
Wolfgang von Wersin: „Die Elementfarmen, die
Guenther Kraus schafft, sprechen diese ienseits
von Zeit und Stil geltende, universelle,
elementarische Artsprache. An beredte, prägnante
Typen gebunden, verdichtet sich die ldee des
Kunstwerkes in einem strengen Spiel und
Widerspiel polarer Setzungen zum Ganzen des
ornamentischen Geschehens: hell wird gegen
dunkel gestellt, Richtungen stehen einander
gegenüber, Einzelform und gegrenztes Umfeld
gewichten gegeneinander" (Abb. 6, 7).
Sven Boltenstern - Schmuck und Objekte
Stereovision, Fotos und Bildregie:
Jörg Huber,
Ton: Stuart Mathews und Sven Boltenstern
Altes Haus, Eitelbergersaal,
l., Stubenring 5
9. Mai bis 11. Juni 1972 (verlängert)
In äußerst zeitgemäßer Weise fand Sven Boltensterns
Ausstellungseröffnung vor zahlreid1em Publikum
statt. Mittels Stereovision wurde man in die Welt
des Designers Boltenstern eingeführt und man
möchte fast sagen, daß hier mit moderner Ton-
und Bildkunst noch einmal eine völlig eigene
auf das Wesen und Innerste der Schmuckkunst
ausgerichtete ätherische Bildwelt erstand. Äußerst
eindrucksvoll. Sven Boltenstern, gebürtiger Wiener,
musisch belastet, lernte Goldschmied, studierte
und diplomierte an der Akademie für angewandte
Kunst. Nach Studien in Paris in den Jahren 1956157
kehrte er nach Wien zurück und gründete im Jahr
1964 nach vorhergehender Tätigkeit in Wien eine
eigene Werkstatt. Vielfach ausgezeichnet, errang
er unter anderem den „Diamands International
Aword 1968".
Peter Baum meint über ihn: „Diese sinnlich-
ästhetische Komponente wurzelt bei Boltenstern
außer in einer spezifischen Sensibilität, im klaren
Bekenntnis zur orthodoxen Schmuckfunktion,
in der kalkulierten, wenn schon nicht immer
individualisierten, so doch zumindest typusbezogenen
Beziehung von Schmuckstück und Trägerin.
Dieser Beziehung im Sinne eines optimalen
Miteinander ordnet Boltenstern sämtliche
gestalterischen Überlegungen unter. Schmuck ist
daher für ihn nicht freiplastischer Selbstzweck,
möglicherweise interessant anzusehen, doch nicht
zu tragen, sondern überlegte, spezifische Unter-
und Hinordnung auf ein bestimmtes Ziel. Das
schließt nicht aus, daß sich - wie ganz neue
Beispiele erkennen lassen - Boltenstern parallel und
in Korrespondenz zu dieser präzisierten Einstellung
auch einer gewissen Strukturlodrerung und
Erweiterung im Sinne eines stärkeren, anders
akzentuierten Hervarkehrens, bildnerisch-plastischer
Möglichkeiten bedient" (Abb. 8, 9).
Gold- und Silberschötze
in Kopien des Historismus -
Ausstellung des Österreichischen Museums
für angewandte Kunst gemeinsam
veranstaltet mit der Österreichischen
Galerie in Schloß Grafenegg
6. Mai bis 31. Oktober 1972
Diese vorwiegend aus Beständen der
Metallsammlung des Museums zusammengestellte
Schau scheint auf den ersten Blick etwas
unzeitemäß, will aber in einem kopistischen Schloß
des 19. Jahrhunderts ihre volle Rechtfertigung
finden. Eine vorzügliche Präsentation unter
Verwendung einfachster räumlicher und mobiliarer
Gegebenheiten bringt diese Kopien, vom technischen
her auch Golvanaplastiken genannt, vorzüglich
zur Geltung. Wenn man bedenkt, daß diese
buchstäblich im neuen Glanz erstandenen „Gold-
und Silberschätze", wenngleich auch „nur" Kopien
des Historismus - von Fachoberinspektor Steiner
hervorragend restauriert - eigentlich im Stammhaus
ein echtes Aschenbrödel-Dasein geführt haben,
so ist es dem Initiator der Ausstellung, Hofrat
Dir. Doz. DDr. Gerhart Egger, vor allem zu danken,
daB sie zustande kam. Dieser meint grundsätzl
zur Ausstellung unter anderem: „Das schöpfer
neuartige Kunstwerk gilt immer als sichtbares
Zeichen eines kulturellen Höhepunktes. Wofür
aber gilt die Kopie? Zweifellos gehört es zu di
erstaunlichsten Erscheinungen innerhalb der
Geschichte unserer Kulturen, daß es immer wie
Zeiten gibt, die der Kopie weit zurückliegende
Meisterwerke große Bedeutung zumessen. Zu
diesem Phänomen kann es kommen, wenn das
historische Werk die eigene Produktion verdrä
und an deren Stelle gesetzt wird oder wenn ml
das historische Werk als geeignetes Vorbild ZL
Anregung eigener Arbeiten erachtet. ldealbeisi
hierfür sind einmal die römische Kaiserzeit, zu
anderen das 19. Jahrhundert.
Letztlich aber folgte man hiermit immer noch d
Aufruf Johann Joachim Winkelmanns, daß der
ein unnachahmlicher Künstler werden wolle, sil
befleißige, die Kunst der Alten nachzuahmen.
Anfertigung von Kopien heißt also, sich mit
Gegenständen umgeben, die nicht der eigenen
entstammen, sich also einer früheren bewußt s:
diese als etwas Höheres und Besseres anzuneh
und ihre Qualitäten für sich in Anspruch zu
nehmen."
Man muß alle wirklichen Kunstfreunde auf die:
hochinteressante Ausstellung in einem romanti:
Schloß etwas abseits der Heerstraße der allgen
Touristik aufmerksam machen und ihnen empt
gelegentlich neben den bereits bekannten
Außenstellen des Museums auch diese
neueingerichtete schöne Schau aufzusuchen
(Abb. 10-12).
Bundesministerium für Wissenschaft
und Forschung.
Besucherstatistik der staatlichen
Museen und Kunstsammlungen
Das Bundesministerium für Wissenschaft
und Forschung gibt bekannt, daß in den il
unterstehenden staatlichen Museen und
Kunstsammlungen in den Monaten
Februar 1972 insgesamt 67.535,
März 1972 insgesamt 96.610
Besucher gezählt wurden.