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sondern eiferte, wie seine frommen Vorgänger Waldhauser, Milic, Thomas von Stttne 
und Matthias von Janov zunächst für die Besserung der praktischen Seiten des Christen 
thums oder für die Reform jener Institutionen, die nach seiner Ansicht der Gemeinde der 
Gläubigen nicht zum Vortheil gereichten. 
Als wichtigste Handhabe zur Erkenntniß der Richtung von Hus' Lehrthätigkeit 
istsein »VFiriack vir^, äesatsra koLilro pkiicä^ani a iriockiitb^?üire^ (Erklärung 
des Glaubens, der zehn Gebote Gottes und des Gebetes des Herrn) vom Jahre 1412 
anznsehen. Es enthält in 96 Kapiteln eine Reihe von Tractaten, die wie dogmatische 
Predigten eingerichtet sind und die Hauptsätze der christlichen Glaubens- und Sittenlehre 
umfassen. Das Werk war hauptsächlich für die gebildeten Classen, vor Allem für den 
Priesterstand bestimmt; zur Belehrung des Volkes im Allgemeinen sind immer zu Ende 
der einzelnen Abschnitte kurze Summarien der wichtigsten Lehrsätze beigefügt. Ein anderer 
wichtiger Tractat ,0 svatokirpoetvi" (Von der Simonie) vom Jahre 1413 bietet eine 
rückhaltlose Schilderung der Mißbräuche, die sich in die Kirchenverwaltnng eingeschlichen 
hatten, und gegen die bereits früher auch Matthias von Janov energisch aufgetreten war. 
Die Grenzen der Wahrheit werden hier zwar nicht überschritten, wohl aber die Grenzen 
der Mäßigung und Nachsicht, so daß der Verfasser hier schon ans einem Boden steht, auf 
welchem an eine Versöhnung mit seinen Gegnern nicht zu denken war. 
Unter seinen weiteren böhmischen Werken ragt die ,?ostilla« (1413) hervor, eine 
geistliche Auslegung der sonntäglichen Evangelien des Kirchenjahres, welche in populärem 
Gewände viele Anspielungen auf die damaligen Ereignisse enthält; ferner der ,V^kiack 
pisniesll Saloirrnirov^olr« (Erklärung der Lieder Salomons), eine allegorische 
Erläuterung des Textes. Die Begeisterung des Eiferers verfolgen wir deutlich auch 
in Hus' übrigen Arbeiten, als da sind »vearlea« (Die Tochter), ,?rovü?6l< 
tripi-airreirn^« (Das dreidrähtige Seil), ,v6V6t Irusü ?1at^elr° (Die neun goldenen 
Stücke), der Tractat »0 Zesti kluckieir" (Die sechs Jrrthümer), welcher zur stetigen 
Mahnung des Volkes an die Wände der Betlehemskapelle geschrieben war u. a. Auch 
sind hier die ergreifenden Briefe zu nennen, die er ans dem Kerker in Constanz an 
verschiedene Freunde richtete. 
Mit der lehrhaften und schriftstellerischen Thätigkeit des M. Johannes Hus hängt 
unzertrennlich der überraschende Aufschwung der biblischen Literatur zusammen. Gerade 
dadurch, daß man die heilige Schrift in Sachen des Glaubens als die einzig sichere Grund 
lage ansah, wurde die Sehnsucht wach, die Wahrheit an der Quelle selbst zu erkennen, 
und diese Sehnsucht wurde theils durch eigene Lectüre, theils durch die Vermittlung ver 
schiedener Eiferer, namentlich aus dem Priesterstande, so Vollkommen befriedigt, daß es 
gar nichts Seltenes war, selbst Frauen aus dem Volke zu finden, die ihre Meinungen durch
	        
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