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gestattet wäre. Wie alle aus diesem Atelier stammenden Arbeiten haben
auch die Emaillirungen einen ganz eigenthümlichen, bestimmten Charak
ter. Zum grossen Theile wurden sie von dem sehr geschickten Künstler
Joh. Hrdliczka ausgeführt. Sie schliessen sich treu an Originale einer
Zeit an, die eben im Fache der Bijouterien, Goldschmied- und Bergkrystall-
arbeiten mustergiltige Leistungen hervorgebracht hat, copiren dieselben bei
nahe, — doch aber meist nur im Styl, im Geist und Charakter, weniger
im Einzelnen, — und suchen ihren Werth in der möglichsten Annäherung
an die Vorbilder. Es mangelt nicht an Urtheilen, welche für solche Ten
denzen Bezeichnungen wie sclavisch u. dgl. in Bereitschaft haben, wir aber
wollen uns wirklich noch bedenken, ob der obgemeldeten Richtung nicht
eher grosses Lob zuzuerkennen sei, indem durch ihr genaues, gewissenhaftes
Festhalten an den alten Mustern wenigstens vermieden wird, was dem
Freunde und Kenner der kunstgeschichtlichen Entwicklung bei modernen,
neu-alten Schöpfungen so oft störend entgegentritt: das Zusammenzwingen,
die geschichtswidrige Vermählung, wenn ich so sagen darf, von zehnerlei
Techniken, welche die Kunst der betreffenden Epoche nie als Ragout auf
Einer Schüssel auf den Tisch gestellt hat. Ihr Vorzüglichstes hat die ge
nannte Firma geleistet in den emaillirten Gold- und Silberfassungen der
Glasgefässe von J. & L. Lobmeyr (im Aufträge Sr. Majestät). Die Zeit
Rudolf II. hat ihre kostbaren Gefässe von Bergkrystall mit solchem Schmelz
werk geziert, ein Material, das wegen seiner Kostbarkeit und der Schwie
rigkeit, welche es dem arbeitenden Künstler entgegensetzt, beinahe den
Edelsteinen zugerechnet wird. Wir haben hier die Bergkrystallgefässe in
schlichtes Glas übersetzt und auch dieses mit dem kostbaren Schmucke
des Emails geziert. Aber allerdings, wenn Glasgefässe dieser Auszeich
nung würdig sind, so darf es von denen Lobmeyr’s gesagt werden.
Das eigentliche Maleremail ist vortrefflich vertreten durch die Aus
stattung der Adresse, welche Sr. kais. Hoheit dem Erzherzog Rainer als
Protector des Oesterr. Museums durch die Mitglieder dieser Anstalt bei
der Eröffnung des neuen Hauses überreicht wurde. Das überhöhte vier
eckige Mittelstück zeigt in einem reichen architektonischen Rahmen im
Style des ital. Quatrocento die Gestalten der Kunst und des Handwerks,
sich die Hände reichend. Die Architektur ist den Altar- oder Thürum
rahmungen nachgebildet, wie sie in Venedig, Siena, Florenz gegen 15oo
geschaffen wurden, die Zeichnung hiezu entwarf Prof. Storck, jene der
Figuren Prof. Laufberger. Den Rahmen bilden io Medaillons der Künstler
Dürer, L. della Robbia, P. Vischer, B. Palissy, Giov. da Udine, Raphael,
Schongauer, W. Jamnitzer, H. Holbein und B. Cellini, nach gleichzeitigen
Portraits entworfen. Zur Ausführung des Emails hat man sich die Grisaillen
französischer Emailleure zum Muster genommen, welche in der Frühzeit
des 17. Jahrhunderts in den Limousiner Werkstätten immer häufiger ge
fertigt wurden. Wir dürfen ihre Herstellung als eine der schönsten
Früchte bezeichnen, welche aus der jungen Saat unserer Kunstgewerbe-