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weggedrängt wird; der Belegtisch wird auf einer Seite gehoben, damit das flüssige Metall
in die Rinne und durch diese weiter abfliesst. Dann bleibt der Spiegel je nach der Grösse
mehrere Stunden oder Tage beschwert, damit die Belegung gut an der Platte haftet.
Diese Arbeit bei nicht zu grossen Spiegeln weist man gerne Frauenzimmern zu, weil
'sie erfahrungsgemäss den verderblichen Einwirkungen des Quecksilbers etwas weniger als
die Männer unterliegen.
5. Das Einbinden der Glaswaaren.
Das fertige Hohlglas muss für den Transport, um das Brechen thunlichst zu ver
hindern, entweder in einzelnen Stücken oder bei minder voluminösen Sorten mehrere Stücke
zusammen mit einer Strohhülle umgeben („eingebunden“) werden.
Zu dieser Arbeit werden ausschliessend weibliche Individuen verwendet. Das Ver
packen in Kisten ist wieder Männerarbeit.
Diese von Frauenspersonen seither gemachten Arbeiten setzen keine besonderen Vor-
kenntnisse voraus; um eine grössere Fertigkeit zu erlangen, bedarf es einer Hebung von zwei
bis drei Monaten. Das Malen und Vergolden würde wohl einen diesbezüglichen Schul
unterricht erfordern.
Das Alter der zu diesen Arbeiten in den Glasfabriken verwendeten Frauenspersonen
pflegt in der Regel schon ein vorgerückteres zu sein; die Arbeiten werden nämlich grössten-
theils von Witwen verrichtet, welche keine anderweitige Beschäftigung haben. Als das
vorherrschende Lebensalter sind 30 bis 60 Jahre zu bezeichnen.
Die Arbeiterinnen gehören meistens dem betreffenden Fabriksorte an. Doch ist ander
seits zu constatiren, dass Böhmen, wo die Glasindustrie am weitesten entwickelt ist, nicht
nur an sich das grösste Gontingent von Arbeiterinnen liefert, sondern auch über seine
Grenzen hinaus Arbeiterinnen an die Glasfabriken abgibt.
Bezüglich des Verdienstes der Arbeiterinnen, per Monat gerechnet, lässt sich im
Allgemeinen folgende Tabelle aufstellen:
Für das Sortiren des Bruchglases durchschnittlich . . . 10 fl.
„ „ Pulverisiren der Materialien „ ... 12 fl.
„ „ Reinigen des Glases „ ... 12 fl.
„ „ Poliren, Douciren und Belegen „ ... 14 fl.
„ „ Einbinden des Glases „ ... 12 fl.
Die Arbeiterinnen erhalten ausser der angeführten Geldentlohnung in den meisten
Fabriken noch freies Quartier, Beheizung und '/ 4 Joch Ackerland zur Nutzniessung oder
eine entsprechende Vergütung.
Die Anzahl der in den Glasfabriken Oesterreich-Ungarns (ohne Raffinerien) beschäf
tigten Arbeiterinnen beträgt annäherungsweise:
In Nieder-Oesterreich mit 13 Glasöfen
„ Ober-Oesterreich und Salzburg mit . 6 Glasöfen
Steiermark
Kärnten
Krain
Tirol
Böhmen
Mähren
Schlesien
Galizien und Bukowina
Ungarn
Croatien und Slavonien
Siebenbürgen
20
2
4
4
210
30
2
6
40
9
7
353 Glasöfen
180 Personen,
60
200
20
40
40
2500
300
20
60
400
90
70
3980 Personen.